Sächsische Zeitung
Samstag, 2. Juni 2007
CDU befragt die Dresdner: Modernes Gewandhaus bauen?
Von Bettina Klemm
Soll am Neumarkt ein Gewandhaus entstehen? Diese Frage erregt die Gemüter, wie gestern die Diskussion zeigte.
Das passt nicht. Das wollen wir Dresdner nicht. Basta. Vielleicht könnte man so die rund dreistündige Diskussion um den Neubau des Gewandhauses zusammenfassen. Die CDU-Fraktion hatte dazu in den Festsaal des Stadtmuseums eingeladen. Eine Etage tiefer sind die Entwürfe für das Gewandhausareal ausgestellt. Als Wettbewerbssieger wurden die Stuttgarter Architekten Jelena Bozic und Peter Cheret gekürt. Doch ihr Entwurf ist heftig umstritten.
Entscheidung erst im Herbst
„Meine Frau hat zu dem Thema eine völlig andere Meinung als ich. Und so wie im Privaten, gehen die Ansichten auch in unserer Fraktion noch weit auseinander“, sagte CDU-Stadtrat Klaus-Dieter Rentsch. Der Stadtrat werde im Oktober beschließen, ob gebaut werden soll oder nicht. Bis dahin sei ausreichend Zeit, sich mit den Argumenten auseinander zu setzen. Im Mai 2006 hatte der Stadtrat beschlossen, dass das Grundstück nur in höchster baulicher Qualität und nach breiter Beteiligung der Bevölkerung bebaut werden soll.
Doch ums Verstehen ging es den meisten der rund 250 Zuhörern am Freitagabend nicht. Viele von ihnen gehören zur Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden, die sich schon seit 1999 dafür einsetzt, dass der Platz nicht wieder bebaut wird. Nach dem Abriss des alten Gewandhauses 1791 sei die Fläche nicht ohne Grund unbebaut geblieben, so ihre Argumentation. „Über 63000 Dresdner haben unsere Auffassung mit ihrer Unterschrift für ein Bürgerbegehren 2002/03 bestätigt“, sagte Vorstand Torsten Kulke. Seine Gesellschaft schlägt vor, auf dem Platz eine Terrasse mit Grünflächen zu schaffen und die Reste der historischen Festungsmauern hervorzuheben.
Unterstützung bekommt der Verein jetzt auch von Alan Russell vom britischen Dresden Trust zum Wiederaufbau der Frauenkirche. Er sei über die Entwürfe und die Absicht – Modernes am Neumarkt zu errichten – entsetzt, schrieb Russell in einem Brief an die Sächsische Zeitung. „Ein historischer Neumarkt ist modern. Ein ,modernes‘ Gewandhaus ein historischer Fehler!“ verkündete darauf Stefan Klunker vom Bürgerbündnis Stadtbild Dresden und fordert auch mit entsprechenden Flyern im Namen junger Dresdner, den Bau zu verhindern.
Städtebau könne man nicht per Bürgerentscheid machen, erläuterte hingegen Karl-Heinz Scheunemann. Wäre es nach dem Volksempfinden gegangen, wären seinerzeit auch keine barocke Städte entstanden. Doch Argumente dieser Art wollten viele im Saal nicht hören. Sie riefen dazwischen, wurden ausfällig. Immer wieder bemühte sich CDU-Fraktionschef Michael Grötsch, das Publikum zur Sachlichkeit zu bewegen.
Stadtentwicklungsbürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) sowie die Architekten Carlo Weber, Matthias Höhne und Jürgen Paul erklärten die Vorzüge des Siegerentwurfes und plädierten für ein modernes Bauwerk am Neumarkt. Der vorliegende Entwurf nehme besondere Rücksicht auf den sensiblen Ort und die Nachbarschaft der Frauenkirche. Am Abend fanden ihre Argumente kaum Gehör.
Wird Modernes akzeptiert?
„Der Neumarkt ist die Seele der Stadt. Was dort gebaut wird, interessiert die Dresdner. Wir wollen wissen, ob die Menschen an dieser Stelle bereit sind, zeitgenössische Architektur zu akzeptieren oder nicht“, sagt auch der CDU-Kreisvorsitzender Lars Rohwer. So werde es am heutigen Sonnabend zwischen 10 und 13 Uhr drei Informationsstände an der Haltestelle Carolaplatz, am Schillerplatz (vor Sparkasse) und im Rahmen des Pieschener Hafenfestes geben. Die Umfrage kann ab Montag auch im Internet beantwortet werden.
www.cdu-dresden.de
Die Ausstellung mit den Entwürfen des Architektenwettbewerbs „Bebauung
Gewandhausareal“ im Landhaus wurde aufgrund der großen Nachfrage bis zum 10. Juni 2007 verlängert.
Öffnungzeiten: Di. - So. 10 - 18 Uhr, Fr. 12 - 20 Uhr. Eintritt: frei
Podiumsdiskussion der CDU-Fraktion im vollen Festsaal des Landhauses, Fotos: S.B.
Ein wie immer sehr aufmerksames Publikum folgte den Ausführungen der Fachleute im Podium und den Meinungen aus der durchaus nicht einheitlichen Bürgerschaft -
dabei nicht immer ganz "die Ruhe bewahrend" ;-)
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