Dresdner Neueste Nachrichten vom 06.11.2007

Neumarkt-Quartier VI: Ausschuss vertagt Verkauf
"Freihändige" Vergabe könnte teuer werden

Fast genau auf den Tag vor zwei Jahren hatte Oberbürgermeister Ingolf Rossberg (FDP), möglicherweise euphorisiert von schwebenden Engeln und Feuerwerk, beim Richtfest zum Quartier F verkündet, dass Arturo Prisco zusammen mit der Firma Kondor Wessels ein weiteres Quartier bebauen dürfe: das Quartier VI. Es war eine quasi "freihändige", man kann auch sagen "undemokratische" Vergabe eines höchst lukrativen Projekts. Denn zu dem Zeitpunkt hatten die Stadtratsgremien noch nicht über die Vergabe befunden. Einen von Stadtrat abgesegneten Kaufvertrag gibt es bis heute nicht. Aber wer die Rechnung ohne die gewählten Volksvertreter machen will, der fällt gelegentlich auf die Nase und/oder wird schmerzhaft zur Kasse gebeten.

Einstimmig entschied gestern der Finanzausschuss, die Entscheidung über den Verkauf des Quartiers VI zu vertagen. Und zwar, bis der Stadtrat eine Entscheidung getroffen hat über Bau und Nicht-Bau des Gewandhauses. Das kann dauern, erst muss das Potjomkinsche Gewandhaus (also die Gerüst-Variante) stehen, dann gibt es ein Bürgerbegehren zu diesem Thema.

Zeit bleibt nun auch für ein Nachdenken über die Idee einer Kulturstiftung "Dresdner Neumarkt". Der Freistaat hatte die Stadt gebeten, sich bis zum 7. November zu der Idee einer Kulturstiftung "Dresdner Neumarkt" zu äußern. Mit dem Verkauf des Quartiers VI wäre die Idee passé gewesen.

Warum also diese Eile der Stadtverwaltung? Eine Erklärung: Das könnte mit einem Wort aus dem Verwaltungsdeutsch zu tun haben - Vertrauenstatbestände. Ins Grobe gesprochen sind das Gründe, die bei Nichtzustandekommen eines Vertrages später Schadensersatzforderungen möglich machen. Und in diesem Fall könnte es gleich mehrere gegeben haben. Zum einen, möglicherweise, das Versprechen Rossbergs. Außerdem hat sich die Stadt - noch ohne gültigen Kaufvertrag - von dem (potenziellen) Investor die Ausgrabungsarbeiten und einen Architektenwettbewerb für das Gewandhaus bezahlen lassen. Macht zusammen knapp eine Million Euro. Aber, der Stadtrat ist nicht Erfüllungsgehilfe der Stadtverwaltung, sondern er hat immer das letzte Wort. Es ist nie auszuschließen, dass die Stadträte nicht einverstanden sind mit dem, was die Verwaltung ausgehandelt hat. Oder, dass er andere Angebote prüfen will - wie in diesem Fall das einer Stiftung.

Schwierig wird all das, wenn die Stadt vorher Tatsachen geschaffen hat. Denn das kann teuer werden.

Dem hat der Freistaat versucht vorzubauen mit einer Verwaltungsvorschrift, in der es heißt: "Der kommunale Aufgabenträger darf im Rahmen der Vertragsverhandlungen keine Vertrauenstatbestände schaffen, die den Investor dazu berechtigen, bei Scheitern des Vertragswerkes Ansprüche .....geltend zu machen." Zudem heißt es: "Ein Vertragsschluss kommt erst dann in Betracht, wenn alle Einzelheiten des Vertragswerkes ausgehandelt sind....und die zuständigen kommunalen Gremien dem Vertragsschluss zugestimmt haben."

Von Heidrun Hannusch

 

Dresdner Neueste Nachrichten vom 05.11.2007

CDU-Fraktion gegen Stiftung für Neumarkt

"Nach ausführlicher Diskussion der zur Neumarktstiftung bis jetzt vorliegenden Informationen hat die Fraktion beschlossen, dieses Projekt nicht weiter zu verfolgen. Wir können in dem Vorschlag keine positiven Aspekte für die Entwicklung des Dresdner Neumarktes erkennen, heißt es in einer Presseerklärung der CDU-Stadtratsfraktion nach ihrer Herbstklausur in Freiberg.

Als ein Argument dagegen wird angeführt: "Bisherige Informationen erfolgten über die Tagespresse, offizielle und belastbare Angebote liegen weder der Dresdner Stadtverwaltung noch der Fraktion vor." Nach Informationen unserer Zeitung war indes der Stiftungsvorschlag von Ideengeber Peter Pühringer - jene Papiere also, die auch Grundlage der ersten Zeitungsveröffentlichung am 13. Oktober waren - Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) bereits seit Ende Mai 2007 bekannt. Ihm lag auch ein Angebot vor, Kontakt zu dem Wiener Fondsmanager und Mäzen herzustellen. Eine Reaktion gab es allerdings darauf nicht.

Als weiteres Gegenargument nennt die CDU, dass die Mitspracherechte von Stadt und Land bei der Bebauung durch die Stiftung nicht ausreichend geklärt sind. Außerdem seien Verkaufserlöse Bestandteil der Haushaltsplanung, die eingestellten Mittel müssten entweder anderweitig erwirtschaftet oder andere, bereits geplante Vorhaben müssten gestrichen werden. Die CDU meldet zudem Bedenken an, dass es schwer sein dürfte, Stiftungsgeld in Höhe von 140 Millionen Euro zu sammeln, zumal für die Quartiere vorwiegend Wohnbebauung vorgesehen ist.

"Diese Gründe", teilte die Fraktion gestern mit, "sind für die CDU-Fraktion ausreichend, das Stiftungsprojekt im Moment ad acta zu legen. Sollte es überraschend neue und positive Aspekte geben, sind wir gern bereit, wieder in die Diskussion einzusteigen."

Pühringer hatte in Aussicht gestellt, ein achtstellige Summe zur Stiftung beizusteuern, die Möglichkeiten liegen also zwischen zehn und 99 Millionen Euro. "Es grenzt an Hybris, würde die Stadt das Angebot von vornherein ablehnen nach dem Motto "Danke, wir haben es nicht nötig, dass wir etwas geschenkt bekommen", hatte sich Jan Mücke (FDP) zu der Idee geäußert.

Von Heidrun Hannusch

 


zurück zu News