Sächsische Zeitung
07. Februar 2006

Edles Heim mit alten Steinen
Von Bettina Klemm

Neumarkt. Die Diakonie-Stiftung Martinshof will das Heinrich-Schütz- und das Köhlersche Haus wieder aufbauen.

Matthias Loyal konnte gestern Nachmittag aufatmen: Die Stadträte im Finanzausschuss haben mit acht Ja-Stimmen und drei Enthaltungen beschlossen, ein Neumarkt-Grundstück an den Verein Martinshof Rothenburg Diakoniewerk zu verkaufen. Dabei handelt es sich um das Quartier V/2 (siehe Grafik). Geschäftsführer Loyal hat dazu seit Monaten Verhandlungen mit dem Rathaus und – was offensichtlich noch deutlich schwieriger war – mit der Woba Dresden geführt.

Die kirchliche gemeinnützige Stiftung will am Neumarkt Wohnungen für Senioren und das dazugehörige Umfeld schaffen. „Wir hoffen, dass sich ältere Menschen aus Dresden und der Umgebung, aber auch aus anderen Städten angesprochen fühlen, ihr zu groß gewordenes Grundstück aufzugeben und in Dresden ihren Lebensabend verbringen zu wollen“, sagt Loyal. Etwa 50 Wohnungen mit Größen zwischen 50 und 90 Quadratmetern sollen entstehen. Weil die Gespräche mit den Banken nicht abgeschlossen sind, sei es allerdings noch zu früh, sich zu konkreten Mietpreisen und zur geplanten Bausumme zu äußern, sagt Loyal.

Für das noble Wohnen in der Heinrich-Schütz-Residenz werden nach den Plänen des Berliner Architekten Eckard Feddersen die beiden Leitbauten Heinrich-Schütz-Haus und Köhlersches Haus aufgebaut. Dafür sollen im Lapidarium der Stadt schlummernde Originalteile verwendet werden. Die Heinrich-Schütz-Gesellschaft soll, so sieht es der Kaufvertrag vor, in dem Haus ein Domizil finden.

Bisher ist das Martinshof Rothenburg Diakoniewerk, dessen karitatives Engagement bis ins Jahr 1898 reicht, in der Oberlausitz tätig. Es betreibt an sechs Standorten Behinderten- und Altenhilfeeinrichtungen und beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiter. Damit gilt es als einer der größten Arbeitgeber in der Region. Der Martinshof genieße einen sehr guten Ruf, sagte Elke Rößler vom Liegenschaftsamt gestern im Ausschuss. Auch die Bonität sei geprüft worden.

Das Grundstück liegt unmittelbar hinter der Wilsdruffer Straße an der Kleinen Kirchgasse und der Frauenstraße. Für das baureife Grundstück haben sich die Vertragspartner auf einen Preis von 3 127 Euro je Quadratmeter geeinigt. Das ist etwa fünf Prozent unter dem Verkehrswert. „Aber aus städtischer Sicht ist uns diese Nutzungsart auf dem Neumarkt sehr willkommen. Hotels, Läden und Restaurants gibt es dort schon reichlich“, sagte Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU). Die Stadt verkauft eine rund 740 Quadratmeter große Fläche für 2,3 Millionen Euro, die Woba weitere 442 Quadratmeter zu den gleichen Bedingungen. Da die Ergebnisse der archäologischen Grabungen noch nicht feststehen, bleibt ein kleines Hintertürchen in den Verträgen offen. Zudem müssen Stadt und Woba jeweils zur Hälfte die Kosten für den Abriss einer stillgelegten Wärmestation tragen. Matthias Loyal hofft, dass die Ausgrabungen nach dem Frost beginnen. Parallel soll der Bauantrag eingereicht werden, so dass die Bagger in diesem Jahr anrollen könnten. Geht alles nach Plan, soll die Residenz nach 18 Monaten fertig sein.

 


DNN vom 07.02.06

Auch betuchte Senioren sollen am Neumarkt wohnen

Für die Bebauung eines weiteren Grundstücks am Neumarkt stehen die Signale auf Grün. Gestern stimmte der Ausschuss für Finanzen und Liegenschaften mehrheitlich (SPD und Bürgerfraktion enthielten sich) dem Verkauf des Quartiers V/2 hinter den Neubauten an der Wilsdruffer Straße 14 zu. Hinter den Quartier-Zahlen verbergen sich die Standorte des ehemaligen Heinrich-Schütz-Hauses und des Köhlerschen Hauses. Darin sollen künftig betuchte Senioren ein altersgerechtes Zuhause finden sowie die Heinrich-Schütz-Gesellschaft ihr passendes Domizil.

Die Hauptfläche des Quartiers gehört der Stadt, ein kleinerer Teil befindet sich in Woba-Eigentum. Gemeinsam haben sich die Verkäufer mit dem Interessenten Martinshof Rothenburg Diakoniewerk aus der Oberlausitz auf einen Preis einigen können, der allerdings fünf Prozent unter dem Verkehrswert liegt. Der Grund für das Entgegenkommen wird mit der beabsichtigten Nutzung und der Zuverlässigkeit des Vertragspartners begründet. Ein weiteres Nobelhotel sei nicht die Lösung, findet die Stadt. Gehobenes Wohnen für ältere Menschen aus Nah und Fern, die ihre Grundstücke aufgeben und ins Dresdner Stadtzentrum ziehen wollen, wird ausdrücklich begrüßt, ebenso die Einmietung der Heinrich-Schütz-Gesellschaft.

Auch das Diakoniewerk muss Federn lassen. Die jetzige Kaufsumme liegt immer noch 15 Prozent über dem für das Projekt ausgerechneten Ertragswert. Nach diesem Kompromiss könnten rund 2,3 Millionen Euro in die Stadtkasse fließen. Gezahlt werden soll in zwei Raten mit Eigenmitteln. Eine Bankbürgschaft liege vor. Das Finanzressort rechnet mit einem Baubeginn noch in diesem Jahr, spätestens sechs Monate nach Erteilung der Baugenehmigung. Die archäologischen Grabungen sollen baldmöglichst beginnen. Sie könnten durch eventuelle Nutzungseinschränkungen noch zu Wertanpassungen führen.

Die kirchliche gemeinnützige Stiftung Martinshof Rothenburg - gegründet 1996 - will nach eigenem Bekunden das Heinrich-Schütz-Haus als Heinrich-Schütz-Residenz errichten, die sozial, kulturell und wirtschaftlich genutzt werde. Für beide Leitbauten, Neumarkt 14 und Frauenstraße 12, plane der Berliner Architekt Eckard Feddersen etwa 50 Wohnungen zwischen 50 und 90 Quadratmetern sowie im Erdgeschoss und Untergeschoss Gastronomie, kleine Geschäfte und medizinisch orientierte Wellnesseinrichtungen. Es soll keine geschlossene Wohnanlage, sondern ein allen zugängliches offenes Haus entstehen, teilen die Vorstände Hartmut G. Knippscheer und Matthias Loyal mit.

Genia Bleier


Siehe auch unsere Unterseite zum Schützhaus




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