Sächsische
Zeitung
11. Juni 2003
Palast-Evolution
Bürgermeister besprechen Varianten für neuen
Philharmoniesaal / Keine Entscheidung
Von Peter Ufer
Das Orchester der Dresdner Philharmonie wartete gestern Nachmittag
vergeblich. Eine Entscheidung über die Zukunft ihres Saales im Kulturpalast
gab es nicht. Intendant Olivier von Winterstein konnte seinen Mitarbeitern
auf der einberufenen Versammlung weder ein „Ja“ noch ein „Nein“ zum
Umbau des Hauses verkünden.
Dabei wollte die Runde der Bürgermeister gestern entscheiden, ob das
Orchester mit einem Umbau rechnen kann. Das jedenfalls sagte Kulturbürgermeister
Lutz Vogel (parteilos) vor einer Woche (siehe die SZ vom 3. Juni).
Damit das Thema noch vor der Sommerpause 2003, die am 30. Juni beginnt,
im Stadtrat behandelt werden kann, ist die Entscheidung der Bürgermeister
notwendig. Bereits 1994 hatte der Stadtrat beschlossen, dass der Saal
erneuert werden muss. Vor zwei Jahren wählte die Stadt aus den Bewerbungen
als Investor die Sachsenbau Chemnitz aus.
„Von mir kein Wort. Ich verbitte mir diesen ständigen Druck bei unseren
Entscheidungen,“ sagte Vogel gestern. „Am Montag ist eine Pressekonferenz,
da wird der Oberbürgermeister die Entscheidung verkünden.“ Auch der
Baubürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) wollte sich nicht äußern.
Selbst in der Philharmonie erfuhr bis zum Abend niemand etwas.
Zwei Varianten stehen zurzeit für die Stadthalle zur Diskussion: 1.
Eine Teilsanierung mit Kosten von rund fünf Millionen Euro. 2. Eine
komplette Sanierung mit Umbauung und Neubau des Konzertsaales, das
so genannte Füsslein-Konzept der Sachsenbau Chemnitz.
„Wir haben zugleich den Neubau der Operette“
Genau darüber diskutierten die Bürgermeister der Stadt gestern heftig.
Schließlich geht es um ein Gesamtprojekt von rund 150 Millionen Euro.
Städtische Grundstücke zwischen Kulturpalast und Schloss müssen verkauft
werden, um das Vorhaben finanzierbar zu machen. Nach wie vor scheint
es Vorbehalte gegenüber dem Projekt und dem Investor zu geben.
„Unsere Erfahrung mit der Sachsenbau Chemnitz war nicht immer positiv,“
sagte gestern Peter Zacher (Grüne), Stadtrat und Mitglied des Kulturausschusses.
„Termine bei der Vorlage der Bankunterlagen und der Planungen wurden
nicht immer eingehalten. Wir hegen einen gewissen Zweifel an der Zuverlässigkeit
des Unternehmens.“ Auch in der Runde der Bürgermeister gab es dazu
Fragen.
„Dass wir am Palast etwas machen, steht fest,“ sagte gestern Investor
Dieter Füsslein. „In Partnerschaft mit der Tochter einer großen deutschen
Bank steht unsere Finanzierung. Die Bank übernimmt sogar eine Garantie
für die Durchführung des Projektes. Die Vorbehalte kann ich nicht
nachvollziehen.“
Ebenfalls skeptisch scheinen die Bürgermeister die Kosten für die
Unterhaltung des künftigen „Hauses der Musik“ zu sehen. Füsslein:
„Die Stadt zahlt im Moment allein für die Instandhaltung des Gebäudes
jährlich zwei Millionen Euro. Bei einem neuen Haus fällt das schon
mal weg. Die laufenden Kosten werden nach unseren Berechnungen um
mindestens 1,5 Millionen Euro sinken.“
CDU-Chef Michael Grötsch: „Ein neuer Saal für die Philharmonie ist
erstrebenswert. Die Stadt darf aber nicht auf den Kosten sitzen bleiben.
Im Übrigen haben wir zugleich noch das Projekt eines Neubaus der Operette.
Beides gemeinsam bedeutet eine gewaltige Aufgabe.“
Am kommenden Montag wollen die Bürgermeister erneut beraten. Dann
kommt die Verkündung des Oberbürgermeisters. Die Philharmonie wird
zu diesem Zeitpunkt auf Tournee in Japan sein.
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