Sächsische Zeitung, Freitag, 13. Juni 2003

Bürgerbegehren zum Neumarkt unzulässig
Fragestellung für rechtswidrig erklärt
Von Katrin Saft

Erleichterung bei den Investoren, lange Gesichter bei den Initiatoren: Die Stadt erklärt das Bürgerbegehren zum Historischen Neumarkt für unzulässig. Zwar reicht die Anzahl von über
63 000 Unterschriften aus. Doch das Rechtsamt hält die Fragestellung für rechtswidrig.

Die Gesellschaft Historischer Neumarkt wollte die Stadt zwingen, sich bei der Bauleitplanung am historischen Neumarkt-Bild zu orientieren. „Das verstößt gegen das Baugesetzbuch“, sagt Lucia Wecker vom Rechtsamt. „Danach muss die Stadt private und öffentliche Belange gegeneinander abwägen.“ Dem dürfe sie nicht durch andere Entscheidungen vorgreifen. Nach Meinung der Stadt kann sich ein Bürgerbegehren damit befassen, ob eine kommunale Bauleitplanung durchgeführt wird, aber nicht wie diese Planung aussehen muss. „Auf der Rückseite des Fragevordrucks wurde bis ins Einzelne vorgegeben, welches Gebäude in welcher Form und Gestalt wieder aufgebaut werden soll“, sagt Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU). Das gehe weit über das hinaus, was in einem Bebauungsplan oder einer Gestaltungssatzung festgesetzt werden dürfe.

Annette Friedrich vom Stadtplanungsamt versichert, dass die Verwaltung das Bürgervotum für einen historischen Neumarkt trotzdem sehr ernst nehme. „Wir werden Investoren besonders unterstützen, die historische Fassaden rekonstruieren“, sagt sie. „Außerdem stimmen wir die Bauvorlagen mit dem Landesamt für Denkmalpflege ab.“ Laut Friedrich will die Verwaltung den Bürgern auch mehr Mitsprache-Möglichkeiten einräumen. Das soll in Form von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen passieren, die für einzelne Bauquartiere aufgestellt werden. Den ersten erarbeitet die Stadt gerade für das Areal von Arturo Prisco und Kai von Döring. Friedrich: „In diesem Rahmen können wir Rekonstruktionen von Gebäuden und Fassaden genau definieren.“ Die Bürger hätten das Recht, Anregungen einzubringen.

Am 26. Juni soll der Stadtrat die Entscheidung des Rechtsamtes absegnen. Eine Mehrheit dafür scheint schon jetzt gewiss. Grünen-Sprecherin Eva Jähnigen indes hält das Bürgerbegehren für zulässig. „Ansonsten dürfte ja auch der Stadtrat keine Einzelentscheidungen treffen“, sagt die Rechtsanwältin. Das sei aber mehrfach passiert.

Die Gesellschaft historischer Neumarkt will sich zur Ablehnung ihres Bürgerbegehrens noch nicht äußern. Allerdings schließt Vorsitzender Fritz Reimann eine Klage dagegen nicht aus.

In Dresden gab es seit 1995 bereits acht Bürgerbegehren. 1996 scheiterte das Begehren „Brücken gegen den Stau“ ebenfalls an der Fragestellung. Auch eine Klage blieb damals erfolglos.

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