Sächsische Zeitung
06. Juni 2008

15 neue Hotels – aber eine Million weniger Dresden-Gäste
Von Thilo Alexe

Nicht mal mehr halb voll sind die Dresdner Hotels. Um 17 Prozent sank die Zahl der Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr in den Häusern der City.

In den Hotels der Leipziger Innenstadt übernachteten in den ersten drei Monaten dieses Jahres sechs Prozent mehr Touristen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. In Düsseldorf sogar zehn Prozent mehr. In Dresden sind es 17Prozent weniger.

Wenn Hotelchef Marc Arendt die Situation des Dresdner Tourismusgewerbes schildert, hat er nicht nur Zahlen parat, sondern erzählt vom Neumarkt. Neulich, sagt der Gesellschafter der Cottaer „Residenz Alt Dresden“, sei er an einem Maiabend nach einem Arbeitstreffen über den Platz geschlendert. „Es war warm, es war Hochsaison für Städtereisen. Doch auf dem Platz war nichts los.“

Der Neumarkt ist für Arendt, der den Tourismusausschuss der Handelskammer leitet und in weiteren Branchengremien sitzt, ein Beleg für grobe Fehlplanungen. „Zu wenige Wohnungen, zu wenige Geschäfte für den Alltagsbedarf“ – der grandiosen Frauenkirche fehle es an einem quirligen Umfeld. „Der Neumarkt lebt nicht und wird von Einheimischen nicht akzeptiert. Das spüren auch die Touristen“, sagt Arendt.

Kleinere Betriebe bedroht

Gemeinsam mit Jan Burghardt schlägt der Chef der mehr als 300 Betten zählenden „Residenz“ kurz vor der OB-Wahl Alarm. Burghardt führt das „Steigenberger Parkhotel“ mit mehr als 1000 Betten in Radebeul und ist Vorsitzender des Branchen-Vereins Dresdner Hotels. Angesichts rückläufiger Touristenzahlen erheben sie drei Kernforderungen. Erstens: Der neue Oberbürgermeister soll Tourismus zur Chefsache machen. Zweitens: Die städtische Tourismusgesellschaft DWT benötigt mindestens eine Million Euro mehr an Zuschüssen. Drittens: Dresden muss besser ans Bahn- und Luftverkehrsnetz angebunden werden.

„In der Kommunalpolitik haben viele nicht verstanden, was am Tourismus alles dranhängt“, sagt Arendt. Burghardt verweist auf den Einbruch im Tourismusgeschäft im vergangenen Jahr. Die Zahl der Übernachtungen ging nach dem Boom durch Frauenkirchenweihe und Eröffnung des Grünen Gewölbes um mehr als fünf Prozent auf 3,3 Millionen zurück – und das bei steigender Bettenzahl. „Derzeit werden 15 Hotels geplant oder gebaut“, sagt Burghardt. Gelinge keine Trendwende, drohe vor allem kleineren, inhabergeführten Hotels die Pleite. „Und auch die großen, zu Ketten zählenden Hotels werden beim Service sparen“, fügt Burghardt hinzu. Das führe zu Qualitätsverlust und setze eine Abwärtsspirale in Gang.

Nach Angaben der Dresdner Industrie- und Handelskammer arbeiten in der Landeshauptstadt rund 10000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Hotel- und Gastronomiebranche. Dazu kommen noch Hunderte Saisonkräfte sowie mehr als 2000 Auszubildende. „Wenn Stadt und Land nichts tun, droht Jobabbau“, sagt Arendt.

Angesichts steigender Bettenzahlen sind nach Berechnungen der beiden Branchenvertreter in den kommenden Jahren rund 500000 zusätzliche Übernachtungen nötig, um die Auslastung zu halten.

Messeausbau gefordert

Dem Appell folgen mehrere Forderungen. Stadt und Land müssen sich besser abstimmen, damit Hoteliers mit Projekten der Freistaatseinrichtungen Semperoper und Kunstsammlungen besser um Reisende werben können. Die städtische DWT müsse in die Lage versetzt werden, mehr Marketing zu betreiben. „Andere Städte haben das schon lange erkannt“, sagt Arendt. Zudem benötige Dresden dringend mehr zahlungskräftige Geschäftsreisende. Deren Anteil müsse dringend erhöht werden. Dazu sei der von der Stadt anvisierte Ausbau der Messe im Ostragehege erforderlich.




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Von nichts kommt niemand

Die fetten Jahre sind vorbei. Ach, war das schön, als nach der Weihe der Frauenkirche, nach der Eröffnung des historischen Grünen Gewölbes die Touristen nur so nach Dresden strömten. Vorbei.

Schon im vergangenen Jahr gingen die Tourismuszahlen zurück, und 2008 ist für manchen Hoteldirektor bereits eine Katastrophe. In Zukunft kommts noch schlimmer, denn immer mehr Hotels werden gebaut, aber immer weniger Touristen kommen.

Wer geglaubt hat, Frauenkirche und Grünes Gewölbe hätten gereicht, der sieht sich jetzt getäuscht. Es fehlen Impulse, große Konzerte, Ausstellungen von Weltrang, wichtige Sportereignisse, verlockende Architektur. Dresden ist im Alltag angekommen. Das reicht aber nicht. Denn von nichts kommt niemand.


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http://www.booking.com/hotel/de/aparthotel-neumarkt.de.html (mit Bildern des neuen Hotels innen und außen)

So heißt es auf der Webseite: "NEUERÖFFNUNG AM 05.06.2008 - Direkt am Neumarkt und der Frauenkirche im historischen Stadtkern liegt unser 5-Sterne-Aparthotel 'Altes Dresden' und das 4-Sterne- Aparthotel 'Neumarkt'. "


Hotelzimmer vom 5-Sterne-Hotel "Altes Dresden"
Quelle: www.booking.com


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