Sächsische Zeitung, 07. Novemer 2012


Wettbieten um den Neumarkt

von Bettina Klemm

Um die letzten freien Flächen zwische Kulturpalast und Jüdenhof buhlen gerade mehrere Investoren. Die Stadträte entscheiden heute über die weitgehende Vollendung des Areals um die Frauenkirche.

Heute entscheiden die Stadträte über zwei große Bauprojekte am Neumarkt. Zwischen Kulturpalast und Jüdenhof markieren Zäune derzeit die beiden Bauflächen. Um ihre künftige Gestaltung bewerben sich mehrere Investoren. Es ist ein Bieterstreit entbrannt, der von der Stadt ordentlich angeheizt wurde. Die Ergebnisse werden heute im Bauausschuss präsentiert. "Wir hören uns die Vorstellungen möglicher Investoren an und wollen dann über die beiden vorliegenden Entwürfe zu den Bebauungsplänen entscheiden", kündigt CDU-Bauexperte Hans-Joachim Brauns an. Die Entwürfe liegen seit Juli vor, deren Beratung wurde aber zuletzt mehrfach vertagt.

Die Pläne: Zur Neumarktseite Ansicht wie vor der Zerstörung

Fast quadratisch mutet die sogenannte Gewandhausfläche, auch Quartier VI genannt, mit jeweils rund 55 Metern Seitenlänge, an. Sie wird von der Frauenstraße, dem Neumarkt, dem Jüdenhof und der Galeriestraße begrenzt. Schon vor zehn Jahren haben hier archäologische Grabungen stattgefunden. Mit Kondor Wessels stand ein Investor bereit. Doch es gab erst einmal Streit um die Fläche des Alten Gewandhauses, die nun nicht bebaut wird. Außerdem ist die Gestaltung der Innenhöfe mit dem hineinragenden Dinglingerhaus strittig. Enge, dunkle Hinterhöfe widersprechen heutigen Wohnansprüchen.

Wie überall am Neumarkt sollen Gebäude, für die es ausreichend historische Dokumente gibt, möglichst originalgetreu wiederaufgebaut werden. Die Verwaltung nennt diese Häuser Leitbauten. Zu den wichtigsten im Quartier gehören das Dinglingerhaus in der früheren Frauenstraße 9 und das Regimentshaus, früher Jüdenhof 15. Das Dinglingerhaus ist um 1700 entstanden und war einst das Wohnhaus des Goldschmiedes Melchior Dinglinger. Bemerkenswert am Regimentshaus ist die Anfang des 18. Jahrhunderts von Zwingerarchitekt Daniel Pöppelmann gestaltete Fassade. In früheren Beschlüssen hat sich der Stadtrat dafür ausgesprochen, die Häuserfront am Neumarkt so zu gestalten wie sie vor der Zerstörung 1945 war.

Die Investoren: Stadt suchte sich neuen Bauherren

Trotz der vorbereitenden Planungen und Wettbewerbe durch die Firma Kondor Wessels hatte die Stadt die Fläche im Herbst 2011 auf der Immobilienmesse Expo Real ausgeschrieben. Nun befinde sich das Liegenschaftsamt in "finalen Verhandlungen", wie Rathaussprecherin Sigrun Harder mitteilt. Verhandelt wird derzeit mit der USD Immobilien GmbH. Vertreter dieser Firma stellen heute Nachmittag im Bauausschuss ihre Pläne vor.

Das Konzept: Der vordere Teil der Schloßstraße wird gebaut

Nachdem die Schloßstraße im vergangenen Jahr mit dem Hotelbau ihre ursprüngliche Gestalt bekommen hat, soll sie nun vollendet werden. Als Quartier VII wird die Fläche zwischen Schloßstraße, Sporergasse, Kulturpalast und Galeriestraße bezeichnet. Die Gesellschaft historischer Neumarkt schlägt vor, das Erkerhaus Sporergasse 4 zu rekonstruieren. "Die Aktenlage gibt dies nach neuesten Erkenntnissen her", sagt Vorstand Torsten Kulke.

Zu den beiden Teilflächen am Quartier VII verhandelt die Stadt mit den Investoren Kimmerle sowie Rank&Büttig. Sie sollen heute über den Planungsstand berichten. Noch in diesem Jahr könnten die Kaufverträge unterzeichnet werden. Die Stadt brüskiert hier den Mitbewerber Günter Blobel, der mehr geboten haben soll. "Der Finanzbürgermeister verschenkt ohne Not über zwei Millionen Euro", sagt Grünen-Stadtrat Thomas Löser.

Die Kritiker: Flachdächer sollten verboten sein

Die Gesellschaft historischer Neumarkt kritisiert, dass bei den ergänzenden Neubauten erneut Flachdächer zugelassen werden sollen. Kulke: "Das wollen wir verhindern, die haben beim Wiederaufbau des Neumarkts nichts zu suchen." Schlechte Erfahrungen hat er diesbezüglich schon mit dem geplanten Gebäude an der Galeriestraße, neben dem Kulturpalast, gemacht.

Noch freie Flächen: Schwierige Suche nach Investoren

Auch für die große Fläche vor dem Polizeipräsidium stellt die Stadt einen Bebauungsplan auf. So will sie sichern, dass dort das Palais Hoym wiederentstehen kann. Die Fläche hat der Freistaat zum Verkauf angeboten. "Wir führen derzeit zahlreiche Sondierungsgespräche mit Interessenten. Eine Entscheidung ist in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten", sagt Andrea Krieger, Sprecherin des Staatsbetriebes SIB. Für das kleine Baufeld Hotel Stadt Rom steht eine Entscheidung des Stadtrates aus.

 


Die vier Häuser rechts schließen die letzte Lücke an der Schloßstraße.
Aber wer darf sie bauen? Visualisierung: arte4D/Andreas Hummel



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