Sächsische Zeitung, 05. Oktober 2013


Erneute Sorge um das Hotel "Stadt Leipzig"

Seit Monaten arbeiten Stadt und Investor an den Bauplänen. Dennoch herrscht Stillstand an der Rähnitzgasse.

Von Kathrin Kupka-Hahn

Wie geht es mit dem Hotel "Stadt Leipzig" weiter? Diese Frage wird nicht nur im Barockviertel, sondern mittlerweile in ganz Dresden diskutiert. Viele befürchten, dass das marode Gebäude an der Ecke von der Heinrichstraße zur Rähnitzgasse den kommenden Winter nicht überstehen wird. Schließlich gibt das einst so prächtige Hotel ein trauriges Bild ab: Die Fassade bröckelt, Bäumchen wachsen aus dem Dach, zahlreiche Fensterscheiben sind zerborsten, Holzbalken sichern von außen die Fassade und ein Bauzaun das gesamte Areal.

Eigentlich sollten hier schon längst Bauarbeiter tätig sein. Denn der Eigentümer, die Hotel Stadt Leipzig Objektgesellschaft mit Sitz in Görlitz, will das seit den 1980er-Jahren leer stehende Haus zu einem Wohnkomplex umbauen. Im Oktober 2012 wurde das Gebäude notgesichert. Seither herrscht aber Stillstand.

Deshalb hat der Verein "Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden" die Stadt jetzt dazu aufgefordert, zu handeln. "Notfalls soll eine Ersatzvornahme noch vor dem Wintereinbruch durchgeführt werden", so deren Vorsitzender Torsten Kulke. Dabei darf die Stadt Arbeiten wie etwa die Sicherung des Gebäudes einer Firma ihrer Wahl übertragen und die Kosten dafür dem Eigentümer in Rechnung stellen.

Der Leiter des Denkmalamtes der Stadt, Bernhard Sterra, kann diese Forderung jedoch nicht nachvollziehen. "Im Moment geht von dem Gebäude keine Gefahr aus", sagt er. Allerdings räumt er ein, dass durchaus ein erhöhtes Risiko für die Bausubstanz des Hauses bestünde. "Eine Ersatzvornahme sollte aber immer das letzte Druckmittel sein", sagt er. Eine solche sei momentan auch nicht erforderlich. Der Investor würde weiter an seinen Plänen festhalten. Seit August liege der Stadt ein Bauantrag für den neuen Wohnkomplex vor. Einen genauen Termin für den Baubeginn konnte er jedoch nicht nennen. "Für den Antrag haben wir in den vergangenen Monaten intensiv mit den Architekten des Investors zusammengearbeitet", sagt Sterra.

In einem ersten Verfahren hatte die Hotel Stadt Leipzig Objektgesellschaft das Dresdner Büro von Cathrin Seehars mit der Projektentwicklung betraut. Jetzt ist das Büro Seidel aus Pirna damit beschäftigt. Dass das Projekt scheitern wird, kann sich Bernhard Sterra nicht vorstellen. "Dazu war das Engagement des Investors bereits viel zu intensiv", sagt er. Zudem räumt er ein, dass sich ein Vorhaben in dieser Größenordnung und mit dieser wertvollen Bausubstanz nicht innerhalb weniger Jahre umsetzen lasse. Auch seien inzwischen zu viele Fördergelder geflossen.

Erst im vergangenen Jahr hatte der Freistaat eine historische Bauforschung für das Gebäude in Auftrag gegeben. Dabei wurden unter anderem die Konstruktionen, die verschiedenen Baumaterialien und deren Verarbeitung untersucht und eine genaue Bestandsaufnahme jedes Raumes angefertigt. Fazit: "Es sind sehr spannende städtebauliche Aspekte bekannt geworden", sagt Sterra.

So wurde beispielsweise Bausubstanz gefunden, die noch aus der Zeit vor dem großen Brand 1685 stammt. Auch konnten die einzelnen baulichen Veränderungen an dem Gebäude festgestellt werden. Demnach wurde die erste größere Herberge an der Ecke zur Rähnitzgasse zu Beginn des 18. Jahrhunderts errichtet. Um 1800 herum wurde der Teil auf der Heinrichstraße angebaut. Bereits 1837 musste dieser Anbau aufgestockt werden. Das große Hoteltreppenhaus wurde 1890 an der Seite zur Großen Meißner Straße angebaut.

Viele der Erkenntnisse, wie etwa der Zustand der Holzbalkendecken, der Fenster und Türen sowie der aufwendigen Stuckarbeiten, seien bereits in den Bauantrag eingeflossen, so Sterra. Inzwischen habe die Stellungnahme seines Amtes dazu abgegeben. "Und die beinhaltet unter anderem auch den weiteren Erhalt der Bausubstanz", sagt er.

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