Freitag, 30.08.2013
(Sächsische Zeitung)

Nächste Runde am Neumarkt

In den nächsten Jahren muss die zweite Hälfte der Quartiere gebaut werden.
Das ist leichter geplant als getan.

Beim Baugeschehen am Neumarkt ist etwa Halbzeit. Auch wenn der Platz um die Frauenkirche an einigen Stellen schon vollendet wirkt, bleiben noch sechs Baufelder. Ein gutes Jahrzehnt wird es wohl noch dauern. So lange wollte Jürgen Borisch von der Gesellschaft historischer Neumarkt Dresden nicht warten. Auf einer DVD zeigt er nicht nur die Geschichte und die Gegenwart des wohl wichtigsten Platzes in Dresden, sondern nimmt auch die künftige Entwicklung vorweg. Ein Jahr lang hat der 69-Jährige an der DVD gearbeitet. Gemeinsam dreht er mit dem Filmemacher Ernst Hirsch, dessen Streifen über das alte Dresden viele schätzen. Zukünftige Bauten setzte der Architekt Andreas Hummel wirkungsvoll ins Bild. Musik von Vivaldi und knappe Texte führen den Betrachter durch „Herz und Seele der Stadt“, wie Borisch sein Werk betitelt hat.

Das Erreichte: Geschlossene Ansicht rund um die Frauenkirche

Die Baufelder links, rechts und vor der Frauenkirche sind errichtet. Dabei entstanden viele Gebäude mit originalgetreu rekonstruierten Fassaden. „Wir haben reichlich 40 Prozent des Neumarkts geschafft“, schätzt Kunst- und Architekturhistoriker Stefan Hertzig ein. Er ist nicht nur im Neumarkt-Verein aktiv, sondern wacht für das Landesdenkmalamt über die Qualität. Die Neumarkt-Gesellschaft setzt sich seit ihrer Gründung 1999 dafür ein, möglichst viele Bauten detailgetreu zu errichten. „Lange Zeit waren wir die bösen Buben, die den Finger in die Wunde legten. Heute sind wir eher als Ratgeber gefragt“, sagt Hertzig.

Die Pläne: Grabungen am Jüdenhof beginnen nächste Woche

Auf der Fläche schräg vor dem Johanneum haben die Archäologen ihre Arbeit fast vollendet. Ihre Erkenntnisse über die historischen Keller bilden die Grundlage für die künftige Bebauung der Fläche. Das Dresdner Bauunternehmen Kimmerle will möglichst im nächsten Jahr beginnen. Markantester Bau wird das Wohnhaus von Juwelier Georg Christoph Dinglinger sein.

Zum Tag des offenen Denkmals am 8. September stellen die Archäologen ihre Arbeiten vor. Dann arbeiten sie bereits auf der Nachbarfläche vor dem Jüdenhof. Dort graben sie im Auftrag der Firma USD-Immobilien, die diese wohl wichtigste Neumarktfläche bebaut. Das Grundstück an der Ecke hat Nobelpreisträger Günter Blobel erworben. „Bisher ist es uns leider noch nicht gelungen, unsere Planungen mit denen der USD abzustimmen“, bedauert Blobels Architekt Michael Kaiser.

Verkauft ist auch ein Grundstück neben dem British Hotel in der Landhausstraße. Die Frankfurter Immobilienfirma MMZ Real Estate plant ein Wohn- und Geschäftshaus. „Es erhält eine originalgetreue Fassade. An der Seite zur Friesenstraße schlagen wir zudem vor, die geborgene barocke Fassade von dem einstigen Hotel Pologne zu verwenden“, erklärt Hertzig.

Fast 9000 Quadratmeter ist die Fläche vor dem Polizeipräsidium groß. Der Freistaat hat sie 2011 zum Kauf angeboten. Nach Angaben einer Sprecherin werde derzeit jedoch mit Interessenten verhandelt. Noch vor Jahresende könnten die Verträge vereinbart werden. Wichtigster Bau ist dort das Palais Hoym. Es erstreckt sich über die gesamte Fläche zwischen Landhausstraße und Rampische Straße.

Die Schwierigkeiten: Wärmedämmung erschwert Bau barocker Fassaden

Ein großes Problem für die Bauten am Neumarkt sind die Verordnungen zur Energieeinsparung, sagt Hertzig. Am berühmten Kopfbau Rampische Straße musste eine dicke Wärmedämmung aufgebracht werden. „Damit können historische Fensterprofile nicht gebaut werden und die Dachgauben wirken übergewichtig“, erläutert Hertzig.

Die Lösung: Neue Materialien und Gesetzesänderung

Der Architekturhistoriker hofft auf ein Umdenken bei der Bundesregierung. So lange will Neumarkt-Investor Michael Kimmerle nicht warten. „Wir isolieren unsere Gebäude zu Tode und haben später Probleme mit der Feuchtigkeit“, sagt er. Er habe deshalb gemeinsam mit der Firma Staudacher Spezialziegel entwickelt, die den Anforderungen an Schall- und Wärmeisolierung gerecht werden und zugleich aber auch die erforderliche Statik ermöglichen.

Quelle: www.sz-online.de/nachrichten/naechste-runde-am-neumarkt-2652119.html

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Die DVD über den Aufbau des Neumarkts kostet zehn Euro und ist im Info-Pavillon am Pirnaischen Platz sowie in ausgewählten Buchhandlungen erhältlich.