Sächsische Zeitung, 28. September 2015

Zwischen Abriss und Wiederaufbau

Zwei Ex-Oberbürgermeister blicken auf die Wende zurück. Dresdens Stadtbild blüht, aber andere Probleme keimen.

Von Juliane Richter

Die ehemaligen Oberbürgermeister Herbert Wagner und Ingolf Roßberg erinnern sich sehr genau, wie Dresden zur Wendezeit ausgesehen hat. Graue, bröckelnde Fassaden, zugewachsene Ruinen und eine Dunstglocke über der Stadt. Zur Podiumsdiskussion „25 Jahre Deutsche Einheit. Dresden – Blühende Landschaften“ haben sie erörtert, was danach kam. Der ebenfalls eingeladene Ex-OB Wolfgang Berghofer fiel krank aus. Roßberg, damals Dezernent für Stadtentwicklung, weiß, dass die Neustadt stark in Gefahr war. „Selbst 1992 hatten manche TU-Professoren noch die Idee, die Altbauten wegzureißen und durch Plattenbauten zu ersetzen. Furchtbar.“ Auch über das Einkaufszentrum Elbepark kann er sich echauffieren. Seien doch ursprünglich maximal nur 30 000 Quadratmeter Verkaufsfläche angedacht gewesen. Aber gute Lobbyarbeit des Investors gegenüber den Stadträten habe zu mehr als 100 000 Quadratmetern geführt.

Ex-OB Herbert Wagner, der von 1990 bis 2001 die Geschicke der Stadt leitete, findet, dass Dresden heute durchaus blühende Landschaften vorweisen kann. „Fundamentale Fehler“ in der Sanierung der Stadt sieht er nicht. „Vielleicht können wir uns nicht freuen, weil wir so viel Zeit damit verbringen, zu klagen“, sagt Wagner. Anders Roßberg. Er legt den Finger in die Wunde. Die Frage nach gelungener Stadtentwicklung ist für ihn eigentlich zweitrangig. „Der Neumarkt ist kein friedlicher Platz mehr“, sagt er zu den Pegida-Demonstrationen. Die Teilnehmer würden mehr kaputt machen, als in den 25 Jahren vorher aufgebaut worden ist.


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