Sächsische Zeitung
21. Januar 2007

Ein neues Klangwunder im alten Haus
Von Bernd Klempnow

Dresdens Kulturpalast soll ab 2010 ein attraktives Haus der Kultur mit Spitzenakustik werden.

Als letzte Musikmetropole Europas soll Dresden einen Konzertsaal mit Spitzenakustik erhalten. Ab 2010 könnte er innerhalb von zwei Jahren errichtet sein – im äußerlich denkmalgeschützten Kulturpalast. Das sehen Pläne der Stadtverwaltung vor, die in wenigen Tagen dem Stadtrat zur Beratung und Entscheidung vorgelegt werden. Nach SZ-Informationen gibt es bereits eine Stadtrats-Mehrheit für das Projekt. Zudem würde sich der Freistaat an den Baukosten etwa mit Städtebaufördermitteln beteiligen. Rund 65 Millionen Euro kostet die überfällige Sanierung des 1969 eingeweihten und seitdem auf Verschleiß gefahrenen Hauses sowie die Umbauten. Neben dem Konzertsaal sollen neue Räume etwa für die Städtischen Bibliotheken, eine Kleinkunstbühne, Musikshops und ansprechende gastronomische Einrichtungen entstehen. Kommunalpolitiker von CDU bis Bündnisgrüne sehen es als ideale Grundlage, „im Herzen der Stadt ein lebendiges, ganztägig geöffnetes Haus der Kultur“ zu haben.

Plädoyer von Kurt Masur

Auch Stardirigent Kurt Masur, der den Palast ’69 einweihte, hält die Umbaupläne für überfällig und glücklich: „Es ist heutzutage kein Problem mehr, den alten Mehrzwecksaal herauszureißen und einen akustisch wie architektonisch Top-Konzertsaal mit neuer Kubatur zu errichten.“ Am Sonnabend, nach seinem gefeierten Konzert mit der Philharmonie, hat er auch mit Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) über das Projekt gesprochen. Unverständnis äußerte Masur gegenüber der SZ, dass die Sächsische Staatskapelle statt in den neuen Konzertsaal zu wechseln, auf einem neuen Konzerthaus beharrt: „Das erinnert an Luxusdenken statt Realitätsnähe.“

„Wir werden beim Umbau des Kulturpalastes keine Kompromisse zulassen. Wir wollen eine Spitzenakustik und -gestaltung des neuen Konzertsaals“, sagte Dresdens Oberbürgermeister Lutz Vogel. Nur wenn das gelänge, könnte sich Dresdens Philharmonie als das renommierte städtische Orchester weiterentwickeln. Nur dann würden endlich bedeutende Gastorchester und Solisten regelmäßig auch in Dresden Station machen. Einrichtungen wie die Dresdner Musikfestspiele würden vom neuen Saal ebenso profitieren. „Es wäre schön, wenn die Staatskapelle diese Chance nutzt.“ Ähnlich wie im Leipziger Gewandhaus soll nicht nur die Klassik eine Heimstatt haben, sondern ebenso anspruchsvolle Unterhaltungsmusik von Pop bis Jazz. Zwei Saalvarianten werden derzeit geprüft: der sogenannte Schuhkarton wie im legendären Wiener Musikvereinssaal und der sogenannte Weinberg wie im Gewandhaus. Beide Varianten sind erprobt und reizvoll. Im Schuhkarton-Saal ist jedoch der Klangeindruck direkter: „Die orchestrale Kraft föhnt einem quasi die Haare“, nennen Akustiker das Phänomen.

Absage der Staatskapelle

Ob Karton oder Berg – die Staatskapelle will den neuen Saal definitiv nicht nutzen, bekräftigte gestern Chefdirigent Fabio Luisi: „Der umgebaute Saal wird garantiert besser als der alte, aber nach allen Erfahrungen wird er nie so gut sein wie ein Neubau. Unsere Ansprüche an das Musizieren verbieten solche Kompromisse. Gibt es keinen Neubau, bleiben wir lieber in der Oper.“

 


Die Baustelle des Kulturpalastes vor 40 Jahren. Nach seiner Eröffnung 1969 erlebten hier Millionen Besucher vor allem eindrucksvolle Konzerte und Shows – selbst Herbert von Karajan musizierte hier. Foto: Werner Mohn



Kulturpalast - großer Saal 1970, Foto: F. Weimer

 



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