Sächsische Zeitung
Montag, 21. Mai 2007

Kunsthalle droht zu scheitern
Von Petra-Alexandra Buhl

Der Widerstand gegen das neue Gewandhaus am Neumarkt wächst. Die Stadträte planen, ihren Beschluss, diese Stelle zu bebauen, zurückzuziehen.

Es gibt einen Stadtrats-Beschluss, der offenbar nicht mehr das Papier wert ist, auf dem er steht: 2002 beschlossen die Stadträte, dass die Stelle, an der am Neumarkt bis 1791 das Gewandhaus stand, bebaut werden soll. Am Freitag lud die Gesellschaft Historischer Neumarkt zu einer Podiumsdiskussion über das Projekt neues Gewandhaus ein. Nach massivem Protest aus den Reihen der 300 Besucher wollen die Räte diesen Beschluss offenbar zurückziehen.

Stadtrat will bald entscheiden

Die FDP hat den Antrag dazu bereits gestellt, und so, wie es derzeit aussieht, schließen sich ihm die SPD, die Linksfraktion.PDS und die Bürgerfraktion an, um dort eine Kunsthalle für 65 Millionen Euro zu verhindern. Grüne und CDU lassen sich alle Optionen offen, bis der Stadtrat Mitte Juni entscheidet. Eva Jähnigen (Grüne) will das städtische Grundstück gar nicht erst verkaufen, sondern in Erbbaupacht vergeben. Damit soll Dresden die Chance behalten, das Gebäude notfalls in 50 Jahren wieder abreißen zu lassen.

Beinahe müßig zu sagen, dass die Architekten Peter Cheret und Jelena Bozic, die den Gestaltungswettbewerb gewannen, einen schweren Stand hatten. Eben noch als Wettbewerbssieger gefeiert, droht ihr Plan von einer Kunsthalle am Widerstand der Dresdner zu scheitern. Cheret stellte seinen Entwurf in der aufgeheizten Stimmung vor und erhielt dafür viel Beifall. In der dreieinhalbstündigen mit Leidenschaft geführten Debatte aber wurde deutlich, dass viele dieses Projekt und moderne Architektur auf dem Neumarkt generell ablehnen.

Ein „Schlag ins Gesicht“

Stefan Hertzig von der Gesellschaft Historischer Neumarkt, der den Architekten Cheret bei der Vorstellung seines Projektes mehrfach mit Zwischenrufen unterbrach, ist der Ansicht, es gehe am Neumarkt nicht nur um Dresden, sondern um ganz Deutschland. „Warum darf diese Stadt an dieser Stelle keine Heilung erfahren?“, warf er Cheret vor. Die geplante Kunsthalle sei „ein Schlag ins Gesicht“ der Dresdner, die außer dem Neumarkt nur verunglückte Plätze wie den Postplatz oder den Wiener Platz hätten. Hertzigs emotionale Rede quittierten viele Zuhörer mit johlenden Bravo-Rufen, Fußgetrampel und stehenden Ovationen.

Dagegen plädierte der ehemalige Landeskonservator Gerhard Glaser für den Neubau, um die ehemals vorhandene Platzkante zu vervollständigen. Die Diskussion blieb dennoch „ein Heimspiel für die Gegner des Gewandhauses“, wie Grötsch sagte. Dies unterstrich die anschließende Diskussion mit den Zuhörern: Stefan Schab war der Ansicht, dass „nur das Original des Gewandhauses der Frauenkirche gerecht wird.“ Roland Steger sagte, „ein solch absichtlich stark kontrastierender Entwurf würde sonst nirgendwo in Europa zugelassen.“

Doch die geplante Kunsthalle fand auch Unterstützung: „Es würde dem Platz guttun, dann hätte er mehr Charme als jetzt. Dieses Grundstück ist ein besonderes, und es ist toll, dass ein Investor für eine kulturelle Nutzung gefunden wurde. Das ist eine Chance für die Stadt, die so schnell nicht wieder kommt“, sagte ein Zuhörer. Ein anderer: „Ich bin erschüttert von der Arroganz, die dem Gewandhaus hier entgegenschlägt.“


Gewandhaus Ja oder Nein? Das sagen die Stadträte

Jan Mücke (FDP):
Es wäre städtebaulich eine Tragödie, einen einzigen der Wettbewerbsentwürfe umzusetzen. Der Dresdner Neumarkt muss historisch bleiben.

Peter Lames (SPD):
Ich lehne eine Bebauung dort ab. Der Wettbewerb überzeugt in seinem Ergebnis nicht, wir sollten diese Stelle frei halten. Dresden findet am Neumarkt sein Herz wieder.

Eva Jähnigen (Grüne):
Gibt es ein konkretes, verbindliches Kunsthallenprojekt? Es muss dazu klare Verbindlichkeiten geben, die öffentliche Diskussion ist nötig.

Michael Grötsch (CDU):
Das ist eine schwierige Situation, und wir haben uns noch nicht entschieden. Fakt ist aber, dass der Stadtrat 2002 entschieden hat, dass diese Stelle auch bebaut werden soll.

Kris Kaufmann (Linksfraktion.PDS):
Dieser geplante Neubau ist ein Solitär, aber auf diesem Platz kann es nur einen geben: Die Frauenkirche.

Christoph Hille (Bürgerfraktion):
Wir haben uns in der Fraktion die Fragen gestellt: Ist es der richtige Ort? Und ist es die richtige Zeit? Beide Male lautete unsere Antwort Nein, wir sind dagegen.

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