Sächsische
Zeitung
22. Januar 2007
Im Frühjahr wird das Dach aufgesetzt
Von Andreas Rentsch
Im April beginnt die Montage der Kuppel über dem Kleinen Schlosshof.
Auch im Gebäude gehen die Bauarbeiten voran.
Der Rundgang durchs Residenzschloss beginnt an einer Tür aus massiver
Eiche. Es ist der Eingang des „Schönen Tores“, eines der schönsten
Renaissance-Portale in ganz Deutschland, lobt Sachsens Finanzminister
Stanislaw Tillich (CDU), der an diesem Montagmorgen zum seltenen Vor-Ort-Termin
geladen hat.
Auf einem eigens aufgestellten Gerüst in der Schützkapelle stehen
Jochen Flade und sein Sohn Philipp. Die beiden arbeiten daran, ein
rund 450 Jahre altes Stück Handwerkskunst fertig zu restaurieren.
Wenn die Bauleute das komplette Tor wieder an seinen angestammten
Platz bringen, wird nur eine Kopie der reich verzierten Holztür eingesetzt.
„Das Original soll später ausgestellt werden“, erklärt der 57-jährige
Flade.
Hof wird zum Foyer
Auch anderswo in dem weitläufigen Gebäudekomplex herrscht reges Treiben.
Mitten im Großen Schlosshof gräbt ein Bagger ein Loch. „Das wird das
Fundament für den Kran“, erklärt Ludwig Coulin. Der Chef des Sächsischen
Immobilien- und Baumanagements (SIB) ist Koordinator und Kommunikator
der riesigen Baustelle inmitten der Altstadt. Wenn die schwere Hebetechnik
funktionstüchtig ist, dauert es nicht mehr lange, bis das spektakulärste
Vorhaben beginnt, für das Coulin in diesem Jahr die Verantwortung
trägt. Der Kleine Schlosshof bekommt eine transparente Kuppel und
wird damit zum Besucher-Foyer. Ab April sollen Spezialisten der Stahlbaufirma
MBM aus Dresden die ersten Segmente in einer Höhe von über zwanzig
Metern zusammenfügen. Das Gerüst steht bereits. „Wenn wir im Mai Richtfest
feiern, sind wir sehr gut“, sagt der SIB-Chef. Insgesamt sind an dem
Projekt zwölf Unternehmen beteiligt. Ende des Jahres soll auch das
ebenerdige Foyer fertig sein.
Schwierige Statik
Eigentlich sollte die filigrane Konstruktion des Architekten Peter
Kulka schon 2007 an ihren Bestimmungsort gehievt werden. Doch manche
Probleme habe man nicht voraussehen können, sagt Coulin. So sei es
nötig geworden, die Fassadenränder ringsum zu ertüchtigen. Nur so
halten sie das Gewicht des Daches, das etwa halb so groß ist wie ein
Fußballfeld.
Über die Englische Treppe geht es hinauf in den Riesensaal, aus dem
den Besuchern warme Luft entgegenschlägt. Der 60 Meter lange und elf
Meter breite Raum ist völlig leer. „Erst wenn der Bau zur Ruhe gekommen
ist, gehen die Arbeiten weiter“, erklärt Coulin. Dazu gehört, dass
die Wände „aussalzen“, also langsam abtrocknen.
Eine offene Spindeltreppe aus Sandstein führt in einen weiteren Raum.
Die Stahlträger-Decke über den Köpfen der Besucher zeigt, dass nicht
überall nach historischem Vorbild gebaut wird. Hier soll später einmal
die Rüstkammer einziehen.
Im ersten Obergeschoss des Nordflügels hat Hans-Christoph Walther
sein Reich. Der Restaurator für Architekturfassung und Wandmalerei
breitet Dutzende historische Fotografien vor sich aus. Daneben liegt
ein Ordner, in dem er Zeichnungen abheftet. Seine Suche nach der einstigen
Schönheit des Schloss-Inneren ließe sich am ehesten mit einem komplizierten
Puzzle vergleichen, sagt Walther. „Es ist erstaunlich, wie viele Informationen
noch vorhanden sind. In Dresdner Museen wird das Sammeln und Bewahren
ernst genommen.“
Mancher Befund der Experten wird auch den Finanzminister freuen. Walther
und seine Kollegen haben nachgewiesen, dass einige Stuckdecken zwar
vor Kriegsende 1945 vergoldet waren, nicht aber im 18. Jahrhundert.
Wiederhergestellt werden soll jetzt der frühere Zustand, sagt der
Restaurator. „Das spart Gold und Geld.“
Teures Prestigeobjekt
Teuer genug wird es ohnehin. Seit 1991 hat der Freistaat 218 Millionen
Euro in den Wiederaufbau des Schlosses investiert. In diesem Jahr
sind rund 15 Millionen Euro eingeplant. Wird das epochale Projekt
wie geplant im Jahr 2013 abgeschlossen, sind nach aktuellen Schätzungen
rund 337Millionen Euro ausgegeben worden. SIB-Chef Ludwig Coulin glaubt,
den Zeitplan halten zu können. „Wir liegen voll im Plan.“
http://www.sz-online.de/nachrichten/fotos.asp?artikel=1722655
(6 Fotos vom Schloss)
Baustelle
Schloss: So geht es weiter
Bau: Das 1555 geschaffene „Schöne Tor“ wird an seinen Platz als Portal
der Schlosskapelle gesetzt (992000 Euro). Der Kleine Schlosshof wird
mit einem Membrandach überwölbt (4,5 Millionen Euro). Der Zwischenflügel
Nord wird für die Rüstkammer ausgebaut (7,6Millionen).
Planung: Schwerpunkte sind die Gestaltung des Großen Schlosshofs (2008
bis 2011, rund 8,6 Millionen Euro), der Paraderäume im Westflügel
(ab 2008, rund 16 Millionen Euro), der Kleine Ballsaal im Georgenbau
(bis 2013, rund drei Millionen Euro).
Mehr Infos: „Die Rückkehr des Dresdner Schlosses“ (Edition SZ, 19,90
Euro)
22 Fotos: http://www.sz-online.de/schloss
zurück
zu News
|