Sächsische
Zeitung
22. Februar 2007
Stadt verhindert Opferdenkmal
Von Petra-Alexandra Buhl
Das Rathaus treibt Pläne für einen Gedenkort am Altmarkt voran.
Die Idee für ein Zentral-Mahnmal spielt dabei keine Rolle.
Während Dresdner über ein Mahnmal für die Opfer der Luftangriffe vom
13.Februar 1945 diskutieren, schafft die Stadtverwaltung am Altmarkt
erste Tatsachen, die genau das für immer verhindern könnten: Gestern
präsentierte das Büro WES & Partner aus Hamburg einen Entwurf
für eine „Erinnerungsstätte“ genau an dieser Stelle. Der Dresdner
Künstler Einhart Grotegut, der die Bodenmarkierung zum 60.Jahrestag
der Bombenangriffe entworfen hat, ist daran beteiligt. Er sagte gestern
Abend, die Erinnerungsstätte werde 300 Quadratmeter groß und bestehe
aus der Bodenmarkierung sowie einer gestalteten Fläche. Konkreter
wurden er und das WES-Büro von Hinnerk Wehberg gestern nicht. Wehberg
hat den Wettbewerb um die Gestaltung des Altmarktes gewonnen.
Am 9. Januar reichte die CDU einen Antrag auf diese Erinnerungsstätte
ein. Schon am 23. Januar kam er in den Kulturausschuss. Nun werden
bereits Pläne diskutiert – ein Antrag mit Rekordbearbeitungszeiten,
der vermutlich bald im Stadtrat diskutiert wird. Laut der CDU-Pläne
ist die Bodenmarkierung so in die Erinnerungsstätte zu integrieren,
dass sie weder überbaut noch betreten werden kann und „eine sichtbare
Aufwertung erfährt“. Am 13. Februar 2009 soll der Gedenkort eingeweiht
werden.
Fest steht, dass diese Planungen die aktuellen Debatten um einen Trauerort
für Dresden nicht berücksichtigen. Dresdens amtierender OB Lutz Vogel
(parteilos) will laut Stadtsprecher Kai Schulz „in der Mahnmal-Frage
die Verwaltung keinesfalls vorpreschen“ lassen. Es sei Vogel wichtig,
dass dieses Thema von der Bevölkerung getragen wird, und im Konsens
aller Fraktionen beschlossen werde. „Es darf nicht der Eindruck entstehen,
dass da etwas aufoktroyiert wird.“
Die Chancen für ein Mahnmal werden schlechter, wenn es auf dem Altmarkt
bereits eine Erinnerungsstätte gibt. Im Kulturausschuss wurde darüber
nicht diskutiert, aber das könnte sich ändern: Noch nie haben so viele
Dresdner die Forderung nach einem Mahnmal für die Bombenopfer so unterstützt,
wie jetzt. Es ist aber ein so schwieriges Thema, dass sich derzeit
kaum ein Kommunalpolitiker traut, öffentlich darüber zu reden. Es
kommen lediglich allgemeine Hinweise: „Wenn es Menschen gibt, die
eine solche Gedenkstätte wünschen, darf man sich dem nicht verweigern“,
sagt Wilm Heinrich (SPD). „Es kommt nicht nur auf die Gestaltung an,
sondern auch darauf, wie wir ein Denkmal inhaltlich füllen. Es müssen
alle Opfer dieses Krieges geehrt werden“, sagt Christiane Filius-Jehne
(Grüne). „Ich bin für alles offen, solange es stilvoll ist und dem
Anlass entspricht“, sagt Jan Kaboth (Bürgerfraktion).
Das ist nicht nur die übliche Vorsicht bei einem neuen Projekt, sondern
die Furcht vor einer sehr emotionalen Dauer-Debatte über ein Dresdner
Mahnmal. Selbst die Zeitzeugen sind sich in dieser Frage uneins. Die
einen finden laut Matthias Neutzner von der Interessengemeinschaft
13. Februar die „Gravuren des Krieges“ in der Stadt ausreichend. Andere
befürworten ein zentrales Mahnmal. „Die Erlebnisgeneration hat ein
Recht darauf, an dieses Erlebnis zu erinnern“, sagt er. Die Frage
ist, wie das geschehen soll, und ob die Enkelgeneration dieselben
Ansprüche hat.
Die Bodenmarkierung
wird es nach der Umgestaltung des Altmarktes
nur noch als Teil eines 300-Quadratmeter-Flächendenkmals geben.
Foto: SZ-Archiv/Jürgen Lösel
Einhart
Grotegut
Der Dresdner Maler, Archäologe, Architekt und Grafiker hat die 7 000
Euro teure Bodenmarkierung am Altmarkt für den 60. Jahrestag der Zerstörung
Dresdens erschaffen.Er entwirft seit 1983 zu jedem 13. Februar ein
Kunstwerk.
Bewertung: Von Anfang an gab es Kritik an der Bodenmarkierung. Viele
Dresdner finden sie zu klein, zu schwer zu finden und überdies oft
zugeparkt.
Der Künstler selbst sagt, Aufgabe seines Edelstahl-Kunstwerkes sei
gewesen, allein die Fugen an einer Brandstelle zu markieren. An eine
Gedenkstelle sei 2005 nicht gedacht gewesen.
zurück
zu News
|