Sächsische
Zeitung
22. November 2007
Geheimakte Palais: Planung hinter verschlossenen Türen
Von Holger Metzner
Der Festsaal des Palais im Großen Garten soll rekonstruiert werden.
Trotz Kritik an den Ideen gibt es bisher kaum eine öffentliche Diskussion.
Die Pläne zur Wiederherstellung des im Krieg zerstörten Festsaales
im Palais sind bald fertig. Das bestätigt das Finanzministerium auf
Anfrage der SZ. Details zum Vorhaben gibt es aber offiziell nicht.
Die Dresdner sollen vor vollendete Tatsachen gestellt werden: „Nach
erfolgter Entscheidung werden wir die Öffentlichkeit über das weitere
Vorgehen in Sachen Palais informieren“, heißt es.
Originalgetreuer Aufbau
Trotzdem gilt es nach SZ-Informationen als sicher, dass der originalgetreue
Wiederaufbau favorisiert wird. Das war bereits Anliegen von Ex-Finanzminister
Horst Metz (CDU). Der Festsaal sollte wieder ein Ort werden, an dem
sich Künstler und Staatsmacht inmitten barocker Pracht präsentieren
können. Anders als noch vor wenigen Jahren geplant, könnte der Freistaat
sogar die Finanzierung dafür komplett übernehmen. Offiziell bestätigt
wird das aber nicht.
Die Geheimniskrämerei ruft Kritiker auf den Plan, denn eine originale
Wiederherstellung ist umstritten. „Wir brauchen einen offenen Diskurs,
etwa mit Restauratoren, die an vergleichbaren Projekten gearbeitet
haben“, fordert der TU-Professor für Denkmalpflege Thomas Will. Auch
die überregionale Fachwelt ist aufmerksam geworden: In der Septemberausgabe
des „Deutschen Architektenblattes“ befürchtet Kunsthistoriker Jürgen
Tietz bei einer Rekonstruktion verschwände die „einzigartige Aura“
des Palais, in dem Krieg und Umnutzung Spuren hinterlassen haben:
„Durch die Rekonstruktion würde am Großen Palais mit leichter Hand
die Fiktion einer gut vermarktbaren und politikkompatiblen luftigen
Barockwelt geschaffen“. Soweit will Thomas Will in seiner Kritik nicht
gehen, hofft aber doch noch auf einen Dialog. „Mit der heutigen Technik
könnte sich doch jedes teure Hotel in Dubai eine hochwertige Barockkulisse
bauen. Wir in Deutschland können mehr gewinnen mit Objekten, die von
der Geschichte gezeichnet sind“, sagt er.
Tatsächlich drängen sich Fragen auf: Muss der Große Garten für Dresdner
aus Sicherheits-gründen gesperrt werden, wenn Staatsempfänge stattfinden?
Wie hoch wird der Autoverkehr im Park? „Man kann das ja machen“, sagt
Hans-Rudolf Meier, Professor für Denkmalkunde. „Ich lasse mich auch
überzeugen. Aber dann muss es auch vorher so diskutiert werden.“
Konzerte und Ausstellungen
Befürworter hat der Nachbau des Saales vor allem beim Förderverein
des Palais, der bei der Planung eng mit dem Finanzministerium zusammenarbeitet.
Schon heute organisiert der Verein Konzertreihen wie das „Offene Palais“
oder Ausstellungen mit moderner Kunst. Ob diese Bandbreite in einem
neubarocken Saal möglich bleibt, bezweifelt selbst der Vorsitzende:
„Nach einer Rekonstruktion können dort vielleicht nicht mehr alle
Kulturveranstaltungen stattfinden“, sagt Reinhard Decker. „Aber was
kommt, wird hohe Qualität haben.“
Auch das Landesamt für Denkmalpflege unterstützt die Rekonstruktion.
Winfried Werner beschäftigt sich seit den 1980er Jahren mit dem Palais.
„Wir könnten dort eine Wunde schließen, die vielen Dresdnern Schmerzen
bereitet“, sagt er. Die originalen Zeugnisse, etwa die wertvollen
Holzkerne der Stuckmarmorsäulen, könnten seiner Meinung nach erhalten
und in einer rekonstruierten Fassung mit eingebaut werden. „Wir vernichten
die Reste nicht, wir legen höchstens eine Schicht darüber“, sagt er.
Wie genau sich historische Farb- und Oberflächen-wirkung am Ende umsetzen
lassen, werde erforscht.

Hauptsaal im Palais
(Aufnahme: T.Kantschew 2003)

Hauptsaal im Palais
mit Probeachse (Aufnahme: T.Kantschew 2003)

Bereits rekonstruierter
Gartensaal im Erdgeschoss des Palais (Südseite)
(Aufnahme: T.Kantschew, April 07)

Ruine des Hauptsaales
im Obergeschosses 1946 (Foto: Deutsche Fotothek, SLUB)
Hauptsaal 1935
als Museum (Foto: Deutsche Fotothek, SLUB)
Das Palais im Großen Garten zu Dresden ist der erste Barockbau (1676-84)
im damaligen Kursachsen und für Mitteldeutschland und weit darüber
hinaus hinsichtlich seiner kunstgeschichtlichen Bedeutung von aller
erstem Rang.

Samuel Bottschild,
Deckendekoration, Farbaufnahme 1943/ 45 - weitere 27 Farbfotos vom
Palais - siehe: http://www.zi.fotothek.org/obj/obj19002459/Galerie
Samuel Bottschild (1641 - 1707)
Samuel Bottschild
wurde am 30.07.1641 in Sangerhausen geboren. Bekannt wurde er als
Maler in Diensten des sächsischen Kurfürsts Johann Georg II und
später Augusts des Starken. In den 1670-er Jahren war Bottschildt
unter anderem in Rom und Venedig tätig. Bildnis des Samuel Bottschild
von 1706 bei deutschefotothek.de
Webseiten:
www.palais-grosser-garten.de (Förderverein Palais Großer
Garten)
www.offenes-palais.de
(Musik und Kunst im Großen Garten)
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