Sächsische Zeitung
Dienstag, 23. Mai 2007


Stadt droht Millionen-Strafe bei Absage des Gewandhaus-Baus
Von Petra-Alexandra Buhl

Wenn der Stadtrat das Projekt am Neumarkt platzen lässt, entsteht der Stadt ein wirtschaftlicher Schaden von mindestens sieben Millionen Euro.

Bis jetzt sehen die Investoren am Neumarkt nur auf eine leere Grube, die von den Archäologen verwaist zurückgelassen worden ist. „Wir würden hier sehr gerne das neue Gewandhaus bauen und glauben, dass Dresden eine Kunsthalle für zeitgenössische Kunst guttun würde“, sagt Laurentius A. Hegeman, Geschäftsführer der Kondor Wessels Holding GmbH, die dort bauen will.

Entscheidung erst im Herbst

Der Widerstand gegen das Projekt Gewandhaus ist heftig, deshalb folgt jetzt eine Krisensitzung auf die nächste: Baubürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) fürchtet, dass der Stadtrat den Entwurf für das neue Gewandhaus am Neumarkt nicht akzeptiert. „Der Gegenwind überrascht mich in der Härte, aber nicht grundsätzlich. Es ist aber klar, dass wir dieses Projekt nicht übers Knie brechen können.“

Nun überlegt das Stadtplanungsamt fieberhaft, wie man das Projekt den Dresdnern schmackhaft machen könnte. Sicher ist, es wird nicht – wie bislang geplant – am 21.Juni im Stadtrat verhandelt. Die Entscheidung wird bis nach der Sommerpause verschoben.

In der Zwischenzeit soll der Entwurf der Stuttgarter Architekten Cheret&Bozic in mehreren Veranstaltungen noch einmal vorgestellt und diskutiert werden. Feßenmayr will „alles tun, um zu verhindern, dass dieses Projekt die Stadt so spaltet wie die Diskussion um die Waldschlößchenbrücke.“ Er wolle unbedingt versuchen, einen Konsens zu erreichen, aber die Strategie dazu sei bislang nicht klar. Fest steht: „Man muss über Inhalte reden, die bestimmen das Leben auf dem Neumarkt genauso wie das äußere Bild, deswegen bin ich auch für die Kunsthalle“, sagt der Baubürgermeister.

Das ist für die Investoren zwar verständlich, aber es kostet sie viel Zeit. Im Herbst sollte Baubeginn für das 65 Millionen Euro teure Projekt sein. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss sollen Restaurants entstehen, auf zwei Etagen soll zeitgenössische Kunst gezeigt werden. Zwei Drittel der Fläche wollen die Investoren einem privaten Sammler zur Verfügung stellen, auf einem Drittel der Fläche sollen wechselnde Ausstellungen gezeigt werden. Laut Feßenmayr wird sich die Stadt daran finanziell nicht beteiligen. Ende 2009 hätte die geplante Kunsthalle eröffnen können. Nun gibt es eine erhebliche Zeitverzögerung und möglicherweise verbietet der Stadtrat an dieser Stelle nun jede Bebauung. „Ich fände es sehr schade, wenn das Gewandhaus nicht kommt“, sagt Hegeman. Zugleich stellt er klar, dass Kondor Wessels die übrigen Flächen im Quartier VI des Neumarkts auch dann bebaut, wenn das Gewandhaus scheitert. „Man könnte aber mit diesem Gebäude einen schönen Akzent auf dem Neumarkt setzen. Ich fürchte, er wirkt ein wenig langweilig, wenn man ihn nur historisierend aufbaut und keine moderne Architektur zulässt“, sagt er.

Architekt Kai von Döring pflichtet ihm bei. „Dem Platz fehlt die Struktur, und die Fachwelt ist entsetzt über die Reaktionen aus Dresden. Wir haben schon mit Gegenwind gerechnet, aber nicht mit solch unsachlichen Reaktionen.“ Wenn die Stadträte ihren Beschluss von 2002, dieses Grundstück zu bebauen, rückgängig machen, wollen die Investoren der Stadt entstandene Kosten in Rechnung stellen. Laut Hegeman sind das 300000 Euro für den Gestaltungswettbewerb sowie 700000 Euro für die archäologischen Ausgrabungen.

Fläche ist sechs Millionen wert

Ein weiterer wirtschaftlicher Schaden entstünde, wenn die Stadt das Grundstück doch nicht verkaufen würde. Die Gegner des Projektes behaupten, das Grundstück, auf dem das Gewandhaus entstehen soll, sei acht Millionen Euro wert. Das bestreiten aber die Investoren und die Stadt als Eigentümerin. Nach Informationen der SZ soll die Investorengruppe dafür etwa sechs Millionen Euro zahlen. Das 1360 Quadratmeter große Grundstück beinhaltet zudem eine Fläche von etwa 400 Quadratmetern, die restitutionsbelastet sind. Die Stadt hat sich nach Auskunft von der Sprecherin Anke Hoffmann mit dem Eigentümer dieser Fläche geeinigt.

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