Sächsische Zeitung
27.06.2007

Die Holländer kaufen sich am Neumarkt ein
Von Bettina Klemm

Die Tiefgarage und das QF gehören niederländischen Unternehmen. Jetzt denkt auch Arturo Prisco daran, seine Anteile abzugeben.

Neumarkt-Investor Arturo Prisco wirkt zermürbt und enttäuscht. Er hält sich völlig aus dem Streit um das Gewandhaus (Quartier VI) heraus. Er findet das Gezerre um den umstrittenen modernen Neubau peinlich und entwürdigend. Es ist keine Rede mehr davon, dass er beim Gewandhaus-Quartier einsteigt. Ganz im Gegenteil.

Quartier I

Gerüchte machen die Runde: Prisco wolle auch seine Anteile am „QF“, dem Quartier I, veräußern. „Noch habe ich meine 30 Prozent. Ich muss auch nicht verkaufen“, sagt er. Aber er frage sich immer häufiger, ob sich sein Einsatz überhaupt lohnt. Und er plane schon ein anderes Projekt. „Wenn ich den Zuschlag bekomme, werde ich mich darauf konzentrieren“, sagt er. Im Klartext, dann braucht er seine Millionen dafür und verkauft seine Neumarkt-Anteile an seinen Freund Dik Wessels. Der Niederländer ist Chef des Unternehmens Kondor Wessels, dem bereits die Hälfte des QF gehört. Kondor Wessels möchte auch gern das Gewandhaus bauen.

Die Tiefgarage

Q-Park, ein anderes niederländisches Unternehmen ist bereits im Besitz der Tiefgarage am Neumarkt. Der Parkhausbetreiber hat seinen Hauptsitz in Maastricht. Er hat vom Projektentwickler Baywobau die Tiefgarage erworben.

Quartier II

Auch die V.V.K. Unternehmensgruppe soll das von ihr entwickelte Areal mit den aufwendig gestalteten historischen Bauten an den niederländischen Schild Holland Fonds verkauft haben. V.V.K.-Chef Uwe Gabler wollte aber gestern dazu keine Stellung nehmen.

Quartier III

Der Schild Holland Fonds hat sich auch für das Quartier III, Juwel an der Frauenkirche, interessiert. Die Baywobau hat aber die fünf Häuser an die Axa Investment Managers Deutschland GmbH in Köln und an den Volkswohl Bund Versicherungen in Dortmund verkauft.

British Hotel

Nicht nur die Holländer, sondern auch Schweizer sind am Neumarkt aktiv. So hat die HAVA Beteiligungs GmbH&Co. Wohnungsverwaltungs KG aus Baar, eine Tochtergesellschaft der Hapimag-Unternehmensgruppe, für knapp 1,53 Millionen Euro ein Grundstück unmittelbar neben dem Hotel de Saxe erworben. Auf der Fläche soll das 1945 zerstörte British Hotel originalgetreu nachgebaut werden. Das Gebäude mit der reich gegliederten Fassade wird als Ferienanlage genutzt.

Hotel de Saxe

Das Hotel de Saxe wurde als erster Neubau nach der Weihe der Frauenkirche fertig. Es blieb in deutscher Hand. Bis auf einen kleinen Anteil hat es die Baywobau Dresden an die TLG Immobilien GmbH verkauft.

Hotel Stadt Rom

Baywobau-Geschäftsführer Berndt Dietze möchte auch gern das Hotel Stadt Rom wiedererrichten. Dietze ist zwar am Neumarkt nicht so medienwirksam, aber sein Unternehmen hat maßgeblichen Anteil an der Entwicklung gleich mehrerer Flächen in der Nähe der Frauenkirche. Mit dem Bau der Tiefgarage schuf die Baywobau überhaupt erst die Voraussetzungen. Das Unternehmen bewirbt sich auch um Flächen in den Quartieren VII und VIII hinter dem Kulturpalast.

Heinrich Schütz Residenz

Das Martinshof Rothenburg Diakoniewerk errichtet bis zum Herbst 2008 im Quartier V/2 eine Seniorenresidenz mit 45 Wohnungen. Die kirchliche Stiftung will sie selbst betreiben. Sie will das einstige Wohnhaus des Musikers Heinrich Schütz sowie das Köhlersche Haus originalgetreu errichten. Dazu ist ein Neubau geplant.

 

Debatten, die Investoren stören

Der Neumarkt ist das Herz Dresdens, aber er wurde nicht mit Dresdner Kapital aufgebaut. Für viele Dresdner ist das bis heute eine offene Wunde, und ein großer Teil der Kritik an der dortigen „Investorenarchitektur“ rührt daher.

Der Stadtrat allerdings hat alle diese Bauprojekte abgesegnet. Hätten Investoren wie Prisco dort nicht gebaut, gäbe es rund um die Frauenkirche vielleicht noch immer keine Häuser. Es war für die Stadt am Anfang enorm schwer, überhaupt Interessenten für diese Grundstücke zu finden – und es wird nicht leichter. Die erbitterte Debatte um den Neubau des Gewandhauses zeigt abschreckende Wirkung. Investoren sind Kaufleute, die in erster Linie Infrastruktur und Zahlen interessieren. Darüber hinaus gibt es aber auch ein geistiges Klima, das Investitionen entweder fördert oder ausbremst.


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