WOWEREIT-REDE ZUR ERÖFFNUNG DER BAUAKADEMIE-SCHAUFASSADE
am 11. August 2004
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit:
Klaus Wowereit: “Wir können heute erleben, dass auf einem leeren Platz
mehr wachsen kann als nur Gras und Unkraut. Hier gedeiht etwas anderes,
etwas viel kostbareres, nämlich eine Sehnsucht, dass sich die Lücke
schließt und dass die große Tradition dieses Ortes hier nicht einfach
nur herumgeistert, sondern Gestalt annimmt. Das ist hier auf eindrucksvolle
Weise geschehen. Die Fassade der Schinkelschen Bauakademie setzt ein
Signal. Sie macht uns allen bewusst, welche Leere hier herrschte,
seit die Bauakademie abgerissen wurde und auf der gegenüberliegenden
Seite des Areals das DDR-Außenministerium errichtet wurde. Und dass
diese Leere nicht hingenommen werden darf. Spätestens seit heute wissen
wir, dass nur ein Gebäude hierher passt – eben jene Bauakademie, die
Schinkel hier vor 170 Jahren errichtete.
Ich danke allen, die sich für den Wiederaufbau der Bauakademie einsetzen,
für ihr großes Engagement. Allen voran dem Verein ‘Internationale
Bauakademie Berlin e.V.’ und ihrem Präsidenten, Herrn Professor Hans
Kollhoff. Sie, lieber Herr Kollhoff, gehören ja zu den großen Architekten
des neuen Berlin. Sie haben vor allem mit ihren grandiosen Bauten
hier in Berlin-Mitte das Gesicht der Stadt maßgeblich mit geprägt
– ich brauche nur über den Werder‘schen Markt hinüber auf das Auswärtige
Amt zu schauen. (Umbau des Altbaus der alten Reichsbank durch Hans
Kollhoff - Anm. d. Redaktion)
Und da wäre es doch schon interessant zu erfahren, ob es Sie nicht
auch im Stillen gereizt hätte, dieses Grundstück hier selbst zu bebauen.
Dann hätten wir von der Kreuzstraße bis Unter den Linden so eine Art
‘Band des Kollhoff’ gehabt. Das wäre ja auch nicht schlecht gewesen.
Aber Sie haben sich stattdessen vor einem der ganz Großen Ihrer Zunft
verbeugt und gehören zu den entschiedensten Befürwortern des Wiederaufbaus
der Bauakademie.
Und ich bin sicher: Der Elan, mit dem Sie und der Verein ‘Internationale
Bauakademie Berlin’ Ihr Ziel verfolgen, wird sich auszahlen. Das Land
Berlin unterstützt Sie dabei so gut es kann. Wir bringen das Grundstück
in das Projekt ein. Der Wiederaufbau der Bauakademie macht auch Sinn,
wenn wir uns hier in der Nachbarschaft umschauen. Es gab und gibt
eine große Zustimmung zur Wiedererrichtung historischer Bauwerke.
Denken Sie nur an die Alte Kommandantur, die Museumsinsel oder das
ehemalige Schloss. Um dessen Wiederaufbau wurde ja lange gestritten.
Aber dann haben die Befürworter des Schlosses mit der Textil-Fassade
ein deutliches Zeichen gesetzt. Damit haben sie die Öffentlichkeit
mobilisiert und den Entscheidungsprozess beschleunigt.
Hier geht es aber nicht nur um die Bebauung symbolträchtiger Areale.
Was mich besonders beeindruckt ist der Elan, mit dem sich Berlins
Bürgerschaft für ihre Stadt engagiert.
Ich hatte eingangs von der Sehnsucht vieler Berlinerinnen und Berliner
gesprochen, Leerstellen im Stadtbild angemessen zu schließen. Diese
Sehnsucht setzt enorm viel Phantasie, Kreativität und Engagement frei.
Das zeigt vor allem: Den Menschen liegt ihre Stadt am Herzen, sie
reden mit und sie tun das mit starker Stimme.
Das ist gerade jetzt besonders wichtig, da der Staat in seinen finanziellen
Möglichkeiten stark eingeschränkt ist. Ich hoffe also mit Ihnen, meine
Damen und Herren, und mit allen Berlinerinnen und Berlinern, dass
das Signal, das von der Errichtung dieser Fassade ausgeht, in unserer
Stadt und darüber hinaus vernommen wird.
Sie, verehrter Herr Kollhoff, haben geäußert, dass in drei Jahren
mit dem Wiederaufbau der Bauakademie begonnen werden könne. Das ist
eine gute Nachricht. Dann wird hier auf diesem Gelände gebaut und
auf der Museumsinsel gehen die Arbeiten auch gut voran. So wird die
letzte Leerstelle, nämlich der Schlossplatz, langsam eingekreist von
hervorragenden Beispielen dafür, dass gute Absichten nicht nur auf
dem Papier stehen müssen. Und so könnte auch noch einmal ein frischer
Wind entfacht werden für den Wiederaufbau des Schlosses.
Heute aber freuen wir uns über eine gelungene Illusion, die keine
bleiben wird. Heute sind es noch Stoffplanen, welche die Herzen höher
schlagen lassen. Aber ich bin sicher: In ein paar Jahren werden wir
uns zur Grundsteinlegung wieder hier einfinden und dann wird alles
echt sein.
Ich wünschen Ihnen dem Verein ‘Internationale Bauakademie Berlin e.V.’
viel Erfolg bei diesem großartigen Projekt.”
Fotographien: T.Kantschew - 11.08.04
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