© Thomas Kantschew (Aufn.: 2004).
Die Baulücke war einige wenige Meter zu breit für die exakte
Rekonstruktion der Originalfassade des "De Unie"-Cafés.
Aus diesem Grund wurde eine schmale Ergänzung hinzugefügt,
die sich in Farbe und Materialwahl dezent unterordnet. Ebenso stockte
der neue Bauherr (bzw. Architekt Carel Weeber) noch ein Stockwerk auf
(allerdings stark zurückgesetzt), um in der Höhe an die Nachbarbebauung
anzuschließen (bzw. vielleicht auch um noch etwas Raum in der
Parzelle zu gewinnen).
Die Originalfassade ist in der Reproduktion dieser Originalzeichnung
des Architekten Jacobus Johannes Pieter Oud von 1925 zu sehen:
Entstehung des
Café "DE UNIE"
(Das Originalgebäude DE UNIE vor 1940)
1924 erteilte die Stadt Rotterdam dem Architekten J.J.P. Oud den Auftrag,
ein Gebäude zu entwerfen, das nicht länger als 10 Jahre Bestand haben
sollte. Das Gebäude mußte auf ein schmales Grundstück zwischen zwei
neuklassischen Gebäuden eingepaßt werden. Der Architekte Oud entwarf
ein Gebäude, in dem sich im Erdgeschoss ein Restaurant mit Küche und
Diensträumlichkeiten und im ersten Stock Büroflächen befanden. Die Fassade
war dreigeschossig und passte sich damit an die Umgebung an. Oud ließ
sich durch den befristeten Charakter des Gebäudes zu seinem berühmt
gewordenen experimentellen Fassadenentwurf inspirieren: eine rechteckige
asymmetrische Komposition, die wegen der Gliederung und der Farbwahl
stark an De Stijl erinnert. Die Fassade ist in Relief gearbeitet und
sowohl Schriftzug als auch Lichtreklame sind in ihre Komposition miteinbezogen.
Oud war übrigens kein unbekannter Architekt, sondern seit 1918
Stadtarchitekt Rotterdams, also so etwas wie oberster Chefplaner.
(Zeitgenössische Fotografie des Originalgebäudes)
Das Cafe "DE
UNIE" - ein Höhepunkt der historischen "De Stijl"-Bewegung
Seit 1917 arbeiteten
Architekten und Maler in der Gruppe „De Stijl“. Johannes Jacobus Pieter
Oud, der Architekt der Fassade des berühmten "De Unie"-Gebäudes,
gehörte ebenso wie Theo van Doesburg zu den Gründungsmitgliedern. Der
bekannteste Bau der niederländischen Bewegung ist das Schröder-Haus,
das Gerrit Rietfeld 1924 bis 1925 entwickelte.
Das besondere Merkmal der Architektur ist die malerische, geometrische
Gestaltung der Fassaden und des Innenraums. Weniger technische als künstlerisch-kompositorische
Überlegungen wurden in die Architektur aufgenommen. Der dreidimensionale
Raum der Architektur wird mit Farben und Linien zu einem plastischen
Kunstobjekt. Die Inneneinrichtung ist bis in das letzte Detail im Sinne
einer Integration jeglicher Künste gestaltet. In der Architektur der
„De Stijl“- Gruppe übernimmt jedes Bauglied (Regenrinnen, Stützen, Fenster,
Geländer, Wände) eine eigenständige künstlerische Funktion. Die malerischen
Konzeptionen erinnern stark an die gegenstandslosen Gemälde Piet Mondrians:
rechteckige Flächen in Schwarz, Rot, Blau und anderen Primärfarben.
Berühmt ist Gerrit Rietfelds blau-roter Stuhl, der sich aus einem schwarzen
Rahmen, blauem Sitz und roter rechteckiger Sitzfläche zusammensetzt.
(Textteile: http://deu.archinform.net)
Literatur:
Rekonstruktion des Café de Unie von J.J.P. Oud
F. Schmuck, in: DBZ 1/1990, S. 101 - 104, mit Literaturangaben.
La ricostruzione del Café De Unie a Rotterdam | A new Café Unie in Rotterdam
in: Domus, 1987,682 S. 74 - 80
Einen sehr interessanten Text zum Vergleich des Cafe DE UNIE und der
Villa Rotonda gibt 2001 Tobias Schwinn in einer Hausarbeit. Zum Beispiel
beschreibt T. Schwinn das ehemalige Innere des Gebäudes, was nicht
rekonstruiert wurde. Aber auch eine eingehende Analyse der Fassade,
so u.a. "Die Fassadengestaltung manifestiert die zentrale "Stijl"-Idee
von Harmonie auf Grundlage gleichgewichtiger Gegensätze."
http://www.archinoah.de/files/studienarbeiten/20040502cafe_de_unie_und_villa_rotonda.pdf
Recherche:
Thomas Kantschew
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