SZ vom 01. September 2004

Der Schlosshof soll ein Membrandach erhalten
Neues Foyer für Museumsbesucher kostet etwa 1,4 Millionen Euro
Von Bettina Klemm

Dresdens Residenzschloss wird wieder originalgetreu mit historischer Fassade errichtet. Aber über den kleinen Schlosshof soll sich ein Dach des 21. Jahrhunderts wölben – ein Membrandach, gehalten von Stahlnetzen.

Mit einem ungewöhnlichen Vorschlag tritt Architekt Peter Kulka an die Öffentlichkeit. Über den kleinen Schlosshof will er ein sanft gewölbtes Membrandach spannen. In seinen Zeichnungen und Fotomontagen wirkt es wie ein Netz. Beim Blick vom Ständehaus beispielsweise erinnert es in den Abendstunden an eine Bernsteinkugel. „Dresden sollte mit dem Dach des 21. Jahrhunderts Flagge zeigen“, sagt Peter Kulka. Die gesamte Fassade des Schlosses wird originalgetreu nach den Plänen von Gustav Dunger und Gustav Frölich gestaltet. Nur das Dach ist ein Ausdruck der heutigen Zeit. Vielleicht wird es einmal ähnlich berühmt wie die Glaspyramide vom Pariser Louvre?

Der Vorschlag ist noch in der Diskussion

Das dreilagige Membrandach mit winzigen zwischenliegenden Luftkissen soll selbstreinigend und völlig durchsichtig sein. Das Material hat sich beispielsweise bei Stadionbauten bewährt. „Über Kehlbalken lässt es sich wunderbar in den historischen Dachstühlen verankern“, sagt Kulka. Das wäre bei dem ursprünglich geprüften Glasdach wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen. Nach ersten Schätzungen wird das neue Dach etwa 1,4 Millionen Euro kosten. Es könnte bis 2009 den Schlosshof mit seinen Renaissance-Arkaden zieren. Schon seit längerer Zeit steht fest, dass dieser Hof einmal die Aufgabe eines Zentralfoyers für alle Museen im Schloss übernehmen wird. „Wir rechnen mit bis zu 5 000 Besuchern am Tag“, sagt Ludwig Coulin, Geschäftsführer des Sächsischen Immobilien und Baumanagements. Coulin lehnt es aber vorerst ab, Ansichten von der künftigen Überdachung zu veröffentlichen. „Noch ist es ein Werkstattbericht und der Vorschlag noch nicht mit allen Gremien abgesprochen“, sagt er.

Coulin ist froh, das Dresdner Residenzschloss gleich als Museumsgebäude konzipieren zu können und nicht wie beispielsweise in München erst den Umweg über andere Nutzungen gehen zu müssen. In wenigen Tagen wird im Schloss das neue Grüne Gewölbe eingeweiht.

Zur 800-Jahr-Feier der Stadt 2006 soll dann auch die Schatzkammer August des Starken – das historische Grüne Gewölbe – an seinem ursprünglichen Ort im Erdgeschoss zu sehen sein. Derzeit werden in den Restaurierungswerkstätten die prachtvollen Wandverkleidungen für den Pretiosensaal, für Elfenbein-, Bronze- und Silberzimmer restauriert. Für den Juwelensaal, der in der Fassung von 1727/29 entstehen soll, müssen sie an Hand von Fotos und Photogrammmetrie nachgestaltet werden. Dazu gehört beispielsweise der reich verzierte Tisch, auf dem der berühmte „Obeliscus Augustalis“ thront. Der Tisch mit seinem barocken Schmuck ist bereits fertig. Nun wird er noch vergoldet. Dank einer besonderen Technik legt sich die dünne Schicht so auf das Holz, dass es aussieht, als wäre der Tisch aus purem Gold gefertigt. Mindestens 60 verschiedene Blattgoldarten stehen zur Auswahl.

„In die kleinen historischen Räume können später nur 120 Personen gleichzeitig. Hier wird es Zeitkarten geben“, kündigt Bau-Chef Holger Krause an. Großes Augenmerk werde den Sicherheitsfragen gewidmet. Neben den gläsernen Absperrungen aus Panzerglas sind Laserschranken und Alarmanlagen vorgesehen.

Über 300 Millionen Euro für Wiederaufbau

„Der Freistaat hat für seine größte Baustelle schon über 150 Millionen Euro ausgegeben. Weit über 300 Millionen werden es, bis die äußere Gestalt vollendet ist“, kündigt Coulin an. Das soll möglichst 2006 der Fall sein. Peter Kulka und seine Partner haben nach einer Ausschreibung den Auftrag für den Ostflügel des Schlosses erhalten. „Es ist der älteste und sensibelste Teil“, sagt Kulka. Der 1937 in Dresden geborene Architekt baute unter anderem den sächsischen Landtag und gestaltet die Freifläche davor. Auch die Generalsanierung des Deutschen Hygiene Museums läuft unter seiner Regie. Beim Schloss will er so viel wie möglich von der historischen Substanz erhalten, aber verloren gegangenes wie beispielsweise die Putten auf der Englischen Treppe nicht nachempfinden. Ähnlich geht er an die Gestaltung des Riesensaals im zweiten Stock des Ostflügels heran. Hier soll einmal die Rüstkammer Einzug halten.