Sächsische
Zeitung
06.12.2007
Böttgers Geheimlabor soll wieder ausgegraben werden.
Vor
300 Jahren wurde unter der Jungfernbastei das europäische Porzellan
erfunden. Von dem alten Gewölbe gibt es heute nur noch einen
kleinen Gang.
von
Peter Ufer
Christian Striefler
(links), Chef der Staatlichen Burgen, Schlösser und Gärten
und einer seiter Mitarbeiter
im Gewölbe unterhalb der Jungfernbastei in der Nähe des
Bärenzwingers. Das ist der Rest der einstigen
Keller, in denen Böttger das Geheimnis der Porzellanherstellung
erforschte. Foto: SZ / M. Gröning
Dort,
wo einst alles begann, kommt heute keiner mehr hin.
Jenes Gewölbe unter der Brühlschen Terrasse, wo vor 300
Jahren das europäische Porzellan erfunden wurde, gibt es nicht
mehr. Schon lange nicht.
Das geheime Labor flog bereits 1747 in die Luft. Ein Blitz fuhr in
die Festungsanlage, wo sich auch ein Pulvermagazin befand. Es kam
zu einer gewaltigen Explosion. Der legendäre Ort, wo der Siegeszug
des Meissner Porzellans begann, verschwand. Wer heute danach sucht,
der findet am Fuße der Festungsanlage im Brühlschen Garten,
etwa zweihundert Meter vom Elbufer entfernt, eine kleine stählerne
Tür. Davor hängt ein Schloss.
Wer hinein will, der muss beim Eigentümer der Festung Dresden,
dem Freistaat Sachsen nachfragen. Verwaltet wird das Bauwerk von den
Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen. Der Chef,
Christian Striefler, hat den Schlüssel. Und er hat eine Idee.
Denn hinter der Stahltür befindet sich ein kleines Gewölbe,
ein noch kleinerer Gang und der soll einst zu jenem Labor geführt
haben, wo das Porzellan erfunden wurde. "Der legendäre Ort
könnte wieder begehbar gemacht werden, um die Geschichte von
der Erfindung nacherlebbar zu machen", sagt Striefler.
Es war am Spätnachmittag des 22. September 1707, als zwei verhangene
Kutschen vor dem Pirnaischen Tor der Residenz ihre rasante Fahrt unterbrachen.
So erzählt es Klaus Hoffmann in seiner Biografie
über Johann Friedrich Böttger, die er 1982 anlässlich
des 300. Geburtstages des Erfinders schrieb.
Ohne weiteren Aufenthalt rollten die beiden Wagen durch das Stadttor.
Eine Order des Königs ließ die Wache ehrerbietig zurücktreten.
Die Wagen fuhren in Richtung Zeughaus. Dort hieben die Kutscher auf
die Pferde ein, um den kurzen, aber steilen Anstieg hinaufzukommen,
der zur Jungfernbastei hinaufführte. Böttger und seine drei
Diener stiegen aus und blickten neugierig um. Hier also sollten sie
ihr geheimes Experiment fortsetzen.
Die Festungsanlagen der Jungfernbastei sind unter Kurfürst Christian
I. angelegt worden. Die 140 Meter lange Mauer ist aus Sandstein, der
bei Pirna an der Elbe gebrochen wurde. In der Festung waren unterirdische
Gänge und Gewölbe. Hinter den aufgetürmten Wällen
standen Kanonen. Seit 1721, nachdem man einen Stadtgraben abzweigte
und ihn direkt an der Ostseite der Jungfernbastei entlangführte,
trägt die Festungsanlage den Namen Venusbastei.
Da Sachsens Kurfürsten gerne das Leben genossen, ließen
sie in den Jahren 1617 bis 1653 auf der äußeren Festungsspitze
ein terrassenartiges Lusthaus im italienischen Renaissancestil errichten.
Das Gebäude war 24 Meter hoch und "gäntzlich mit Kupffer
gedecket und hat oben einen hohen Saal und Cupola, von allen vier
Seiten vier ionische Portale und umb und umb Fenster". Anton
Weck beschreibt es so in seiner Dresdner Chronik von 1680. Neben diesem
Haus stand auf der Festung ein kleines Steinhaus, das mit Palisaden
umzäunt war. Dort zog Böttger mit seinen Gehilfen ein. Sein
Wohnhaus war über einen Treppenaufgang mit dem unterirdischen
Gewölbe verbunden. Drei der Keller waren Arbeitsräume, die
heute wieder entstehen könnten.
Seit dem 04. Februar
1982 steht an historischer Stätte auf der Brühlschen
Terrasse der Gedenkstein zu Ehren Böttgers. Foto: Steffen Füssel
Grundriss der Befestigungsanlagen
der Brühlschen Terrasse bis zur Hasenbastei mit P. Buchners Neuer
Bastei und
dem Lusthause G. M. Nossinis, Aufmaß Walter Bachmann nach P.
Buchner, Ausschnitt, um 1930
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