SZ vom 12. März 2005

Neue Runde im Streit um den Neumarkt
Von Carsten Gäbel

Teilnehmer eines Symposiums diskutieren darüber, wie alt die neuen Bauten am Neumarkt aussehen sollen.

Teilnehmer eines Symposiums haben gestern die Diskussion um die historische Bebauung des Neumarktes wieder angestoßen. Zu dem Treffen hatte Stadtrat Werner Klawun (Wählervereinigung Volkssolidarität) eingeladen. Er forderte, die Leitbauten am Neumarkt gemäß den historischen Vorbildern komplett wieder erstehen zu lassen.

Klawun kritisierte den Beschluss des Stadtrates, dem Quartier zwei, neben dem Coselpalais, nur eine historische Fassade zu geben. Im Rathaus wies Klawun darauf hin, dass die Mehrheit der Stadträte damit von der städtebaulichen Konzeption für die Gestaltung des Neumarktes aus dem Jahr 2002 abweiche. „Vermutlich haben viele Stadträte für den Bebauungsplan des Stadtentwicklungsamtes gestimmt, um Dresden Schadensersatzansprüche seitens der Investoren zu ersparen“, mutmaßte Klawun.

Vertreter von Investoren und Planungsbüros zeigten sich hingegen zufrieden mit dem Vorhaben, die historischen Gebäude nicht ganz detailgetreu nachzubauen: „Das Geld, das wir hier ausgeben, müssen wir uns mit den Neubauten wieder erarbeiten. Deshalb sind Gebäude mit historischer Fassade ein guter Kompromiss“, sagte Jörg Röder von Hama Bau.

Andere Investoren wiesen darauf hin, dass moderne Bauvorschriften zu Schallschutz und Wärmeisolierung nicht gut in Gebäuden aus der Barockzeit zu verwirklichen seien. Außerdem müssten die neuen Bauten am Neumarkt auch einen praktischen Nutzen erfüllen. Niemand könne beispielsweise vier Meter breite Gebäudeflügel gebrauchen, die vor dreihundert Jahren das Gesinde beherbergt hätten. „Wenn wir noch ein Tüpfelchen näher am historischen Vorbild hätten liegen wollen, wäre der Investor abgesprungen“, warnte Berndt Dietze von Baywobau vor überzogenen Erwartungen. Baywobau rekonstruiert das Hotel de Saxe.

Der Architekt Ulrich Schönfeld sagte, der Reiz des Neumarktes werde im Miteinander von Alt und Neu liegen. Berndt Dietze äußerte die Erwartung, dass der Neumarkt in einigen Jahren mit den schönsten Plätzen Europas wie dem „Piazza del Campo“ in Siena konkurrieren könnte. Werner Klawun blieb bei seinem Appell, die Gebäude rund um die Frauenkirche möglichst detailgetreu nachzubauen. „Es wäre gut, wenn es doch noch etwas historischer möglich wäre“, sagte der Stadtrat angesichts des Kompromisses aus modernen Gebäuden mit historischen Fassaden.

zurück zu News