Sächsische
Zeitung
11. Dezember 2008
Stadt
versenkt Millionen im Kulturpalast
Von Bettina Klemm
Nur die Hälfte des neuen Brandschutzes
kann beim Umbau verwendet werden.
Ein Architekturwettbewerb ist jetzt ausgelobt.
Für 3,7 Millionen Euro hat die Stadt im vergangenen
Jahr den Brandschutz im Kulturpalast gesichert. „Nach Aussage des
zuständigen Hochbauamtes hat aber nur die Hälfte der erfolgten Maßnahmen
Bestand. Alles andere muss beim Umbau wieder rausgerissen werden“,
sagt SPD-Stadtrat Wilm Heinrich. Zumindest der Saal soll vollkommen
verändert werden. Damit hat die Stadt Millionen nur für eine kurze
Zeit ausgegeben.
Wie teuer wird der Umbau?
Im Juni 2007 hatte die Stadtverwaltung die Kosten für eine Kulturpalast-Sanierung
mit 26 Millionen Euro angegeben. Als der Stadtrat im Juli dieses Jahres
den Umbau zum Konzertsaal beschlossen hat, wurde die Investitionssumme
mit 65 Millionen Euro angegeben. In einem derzeit verbreiteten achtseitigen
anonymen Schreiben gehen Skeptiker schon von Gesamtkosten in Höhe
von 85 Millionen Euro aus.
Wie geht es jetzt weiter?
Für den europaweiten Wettbewerb haben sich 80 Büros, zum Teil international
sehr bekannte, gemeldet. Gestern wurden 40 von ihnen ausgewählt beziehungsweise
ausgelost. Sie erhalten heute die Unterlagen zugeschickt. Mit der
Wettbewerbsbetreuung und Vorauswahl wurde das Dresdner Büro Schubert+Horst
beauftragt. Namen von Teilnehmern wollte Matthias Horst gestern nicht
nennen.
Bis zum 19. März 2009 müssen die Pläne und bis zum 14. April die Modelle
abgegeben sein. Das Preisgericht soll für die erste Wettbewerbsstufe
am 20./21. April tagen. Danach werden die Siegerarbeiten konkretisiert.
Der endgültige Preisträger steht am 22. Juni fest. Für das Preisgericht
wurden 44 Personen als Fach- und Sachpreisrichter sowie Sachverständige
ausgewählt. Allerdings befinden sich darunter keine Vertreter der
leichten Muse.
Die Stadt geht von einem Baubeginn 2012 aus. Die Wettbewerbskosten
gibt sie mit 220000 Euro an. Hinzu kommen aber noch weitere 280000
Euro fürs Preisgeld.
Was wird geplant?
„Die Ausschreibung für den Wettbewerb beruht auf einer fundierten
Studie des städtischen Hochbauamtes“, versichert Architekt Horst.
Hauptnutzer des Hauses werden die Dresdner Philharmonie und die Städtischen
Bibliotheken sein. Mit ihnen sei das Raumkonzept im Vorfeld abgestimmt
worden. Der umgebaute Kulturpalast soll zudem von dem Kabarett Herkuleskeule,
einem Gastronomiebetrieb und der Ticketzentrale genutzt werden. Auch
das Besucherzentrum Frauenkirche bleibt darin.
Wer spielt im Kulturpalast?
Der Konzertsaal mit 1800 Plätzen soll zwar für die Unterhaltungsmusik
genutzt werden, aber nicht mehr für Veranstaltungen der Volksmusik.
Bis Oktober wollte die Stadt deshalb ein Konzept zur Umgestaltung
der Messehalle vorlegen. Bisher gibt es auch nur vage Vorstellungen,
wo die Philharmonie während der Bauzeit spielt.
Was sagen Kritiker?
In dem anonymen Schreiben kommen dessen Verfasser zu dem Schluss,
dass es angesichts der Konflikte günstiger wäre, einen eigenständigen
Konzertsaal für die Philharmonie für etwa 42 Millionen Euro zu bauen
und für die eingesparten 23 Millionen den Kulturpalast zu sanieren.
Die SPD sammelt vor jeder Veranstaltung vor dem Kulturpalast Unterschriften
zum Erhalt des Bauwerks in der bisherigen Form. „Ein Kulturpalast
für alle und ein hochwertiges Konzerthaus, beides ist möglich“, sagt
Peter Lames von der SPD.
----------------------------------------------------------------------------------------------
Großes politisches
Bautheater
Peter Ufer
Von Ufer.Peter@dd-v.de
über den Streit um den Kulturpalast
Bei Wünsch-dir-Was wäre die Lösung einfach:
Der Kulturpalast würde saniert und zur Stadthalle. Die Philharmonie
und die Staatskapelle bekämen ein eigenes Dresdner Konzerthaus. Das
wäre eine vernünftige Kulturpolitik im Sinne der Dresdner und der
Orchester.
Die andere Lösung, die vom Stadtrat beschlossene nämlich, sieht vor,
den Kulturpalast als hochwertigen Konzertsaal für die Philharmonie
umzubauen. Auch das ist sinnvoll, denn das Orchester braucht endlich
einen neuen Saal. Das Rathaus und die Mehrheit des Stadtrates vergaßen
allerdings über den eigenen Beschluss die Folgen. Es fehlt eine Lösung
für Kongresse und Kulturevents. Die Lösung ist nur sinnvoll, wenn
gleichzeitig in der Messe ein Saal für jene Veranstaltungen entsteht,
die nicht mehr im Kulturpalast stattfinden können. Nicht bedacht wurde
zudem der Denkmalschutz.
Das Drama der städtischen Entscheidung ist, dass deshalb Entscheidungen
infrage gestellt werden müssen, weil sie nicht zu Ende gedacht sind.
Das Drama ist , dass Millionen Euro verschwendet werden. Wenn sich
jetzt herausstellt, dass die einstmals für Millionen eingebauten Brandschutzmaßnahmen
zum großen Teil beim Umbau wieder rausgerissen werden müssen, kann
man nur den Kopf schütteln über dieses Bautheater. Das kostet Zeit
und viel zu viel Geld.
Der große Saal
(Zustand: April 2008) - Foto: Thomas Kantschew
Der große Saal (Zustand: April 2008) - Foto: Thomas
Kantschew
Nähere Informationen auf: http://www.wettbewerbe-aktuell.de/pdfs/d/d_9375.pdf
"Herzstück des Projektes ist ein als 'innerer Neubau' zu
konzipierender Konzertsaal der Philharmonie Dresden.
Der besten raumakustischen Auslegung der Saalgeometrie im Vergleich
zu den führenden internationalen Konzertsälen kommt die
höchste Priorität zu."
Studiotheater
(Zustand: April 2008) - Foto: Thomas Kantschew
zurück
zu News
|