DNN vom 22.10.2008

Mut zur Vision Konzerthaus und Kulturpalast
Architekt legt Machbarkeitsstudie vor

Von Thomas Hartwig

"Dieser Stadtspitze fehlt der Mut zu Visionen." Der das sagt, gehörte einst selbst zur Stadtspitze - Gunter Just (SPD) war bis 2002 Baubürgermeister. Der geplante Umbau des Kulturpalasts zur Spielstätte für die Philharmonie treibt ihn um, er kann das 65 Millionen Euro teure Vorhaben nicht nachvollziehen. "Alle Argumente sprechen für den Neubau eines Konzerthauses", ist er sich sicher und verweist auf eine Machbarkeitsstudie des Architekten Professor Manfred Zumpe. Kernaussage: Ein Konzerthaus am Elbufer im Bereich Narrenhäusel ist finanzierbar und könnte kostendeckend bespielt werden.
"Wie lange wollen wir uns noch auf dem Grünen Gewölbe und der Frauenkirche ausruhen?, fragt Just angesichts sinkender Touristenzahlen. Ein architektonisch anspruchsvolles Konzerthaus würde nicht nur den weltberühmten Orchestern Staatskapelle und Philharmonie eine neue Spielstätte bieten, es könnte sich auch zum Touristenmagneten entwickeln. Just vermisst eine öffentliche Debatte über das Konzerthaus, das Thema sei von der Tagesordnung verschwunden. "Liegt das an der Beratungsresistenz der Entscheidungsträger? Stur wird am Umbau des Kulturpalastes festgehalten." Dabei sei der geplante Umbau, bei dem der "Kulti" einen hochmodernen Konzertsaal erhalten soll, wirtschaftlich nicht durchdacht. "Das Haus wird seine Funktion als Stadthalle verlieren. Es wäre ein Jammer, wenn dieser schöne große Saal mit der riesigen Bühne verloren geht", findet Just. Geld werde verschwendet, das beim Bau eines Konzerthauses besser angelegt werden könnte. Zumpe plant in seiner Studie ein zweiflügliges Gebäude - vorgesehen sind ein großer Konzertsaal mit 1800 Plätzen und ein Kammermusiksaal mit 450 Plätzen. "Auch ein enormer Vorteil: Im Kulturpalast wird es auch nach dem Umbau keinen Saal für die Kammermusik geben" betont der Baubürgermeister a.D.. Finanziell könnte das Angebot nicht besser für die Stadt sein - die Landesärztekammer übernehme die Finanzierung und biete moderate Konditionen für die Rückzahlung. Die Stadt müsse lediglich das Grundstück im Wert von geschätzten zehn Millionen Euro beisteuern. Und könnte im Gegenzug 35 Millionen Euro sparen, weil der Kulturpalast nicht umgebaut, sondern lediglich "aufgefrischt" werden müsste. Das Haus könnte weiter die Rolle im kulturellen Leben Dresdens spielen, die es jetzt schon inne hat. Kulturpalast und Konzerthaus könnten eine Einheit bilden, ist Just überzeugt. Die dem Ruf Dresdens als Kulturstadt gerecht werde, die Stadt könne sich dann mit europäischen Musikmetropolen wie Wien, Berlin, Zürich oder Leipzig vergleichen. "Es gibt kein entweder Umbau Kulturpalast oder Neubau Konzerthaus" glaubt der frühere Bürgermeister, "beides kann und muss eine Einheit bilden." Zumal das Konzerthaus selbst nach vorsichtigen Berechnungen kostendeckend betrieben werden könnte, möglicherweise sogar ein Überschuss abfalle.
Justs Vision: Ende 2012 stehe am Neustädter Ufer nahe der Augustusbrücke das Neue Konzerthaus. "Große Architektur an einem Ausnahmestandort, die das Erscheinungsbild der Stadt bereichert." Am Altmarkt werde bis Ende 2013 ein um die Herkuleskeule und die Zentralbibliothek komplettierter "Neuer" Kulturpalast fertig sein - als weiterhin beliebtes, vielfältig nutzbares Zentrum mitten in Dresden.
Um sein Vision will Just kämpfen und sich Partner suchen. Etwas Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP), der sich im OB-Wahlkampf für den Neubau eines Konzerthauses eingesetzt hatte.

Zahlen zum Konzerthaus

  • Grundfläche: 5609 Quadratmeter
  • Nettonutzfläche: 22300 Quadratmeter
  • Großer Konzertsaal: 1800 Plätze
  • Kammermusiksaal: 450 Plätze
  • Konzerthausrestaurant: 200 Plätze
  • Restaurant-Terrasse: 100 Plätze
  • Tiefgarage: ca. 320 Plätze
  • Baukosten (geschätzt): 80 Mio. Euro
  • Jährliche Ausgaben: (Personal, Gebäude, Werbung, Finanzierung): 5,2 bis 5,7 Mio. Euro
  • Jährliche Einnahmen (Tickets, Garderobe, Vermietung Kammermusiksaal, Verpachtung, Restaurant/Pausenversorgung) 12,36 Mio. Euro

 


Manfred Zumpe: Studie für ein neues Konzerthaus am Neustädter Markt

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