Sächsische
Zeitung
28. August 2008
„Dresden ist kein Museum, sondern eine aufstrebende Stadt“
Der Neumarkt liegt Investor Arturo Prisco
besonders am Herzen. Für die SZ schreibt er seine Gedanken auf.
Herr Professor Günter Blobel soll den
Zuschlag für das „Hotel Stadt Rom“ bekommen. Meine erste Reaktion
– Gratulation. Er hat mehr geboten, und die Stadt hat nach monetären
Gesichtspunkten entschieden. Allerdings bin ich gespannt, wie es ihm
gelingen wird, beim Gesamtinvestitionsvolumen unter dem durch das
EU-Recht geforderten Schwellenwert von fünf Millionen Euro zu bleiben.
Ich habe mir das „Stadt Rom“ als eine Bereicherung der Piazza vorgestellt
– natürlich historisch, aber auch mit kommerziellen Elementen wie
Schaufenster, die bis zum Boden reichen, damit Ware ausreichend zur
Schau gestellt werden kann.
Ich bin bekanntlich sehr sensibel, wenn es um Schönheit geht; ich
bin ein Freund Dresdens. Ein Baulöwe? Ganz bestimmt nicht. Dresden
ist kein Museum und darf nicht zu einem unantastbaren Weltkulturerbe
werden. Es ist eine aufstrebende Stadt und soll seinen Bewohnern höchste
Lebensqualität bieten. Meine Maxime ist es, Schönheit mit Funktionalität
zu Lebensqualität zu verbinden. Dresden ist nicht nur ein „Durchlaufposten“
für Touristen mit von Souvenirläden gesäumten Straßen.
Ein Gesamtkonzept fehlt
In Dresden gibt es drei starke Interessenströmungen – ein finanzorientiertes
Rathaus, Modernisierungsbefürworter und die Historiker; die Verantwortlichen
arbeiten vornehmlich dezentral, überhäufen sich mit Bürokratismus
und stehen jeglicher Form von gemeinsamer Koordination ignorant gegenüber.
Ich vermisse ein kommunalpolitisches Gesamtkonzept für Dresden. Allzu
oft wird man mit Bereichsegoismen, Polemik und dem Streit zwischen
Historikern und Investoren konfrontiert.
Im Quartier Frauenkirche (QF) haben sich in den Ladenlokalen renommierte
Marken angesiedelt, und das Gesamtpaket beinhaltet auch kulinarische
Inseln, Wohnungen und Büros. Die Auslastung des QF-Hotels wächst,
wir haben Stammkunden, die das internationale Flair und den familiären
Charakter schätzen. Es gibt einige Leerstände im QF. Aber wir suchen
nicht irgendwelche, sondern DIE Mieter. In der Wachstumsphase muss
man investieren, auch wenn man dabei des ein oder anderen Euros verlustig
geht. Es ist im Gegensatz dazu schön zu hören, wenn Fremde ins QF
kommen und ihm das Besondere attestieren. Ich wünsche mir, dass die
Dresdner aus Überzeugung durch ihre Stadt flanieren und als Kunden
der eigenen Stadt zu „Wiederholungs-Tätern“ werden. Wenn ich in München
bin, gehe ich gerne mit meiner Frau über die Theatiner- oder Maximilianstraße,
bummele durch Schwabing oder bestaune, wie sich das Glockenbachviertel
vom Insidertipp zum absoluten Muss entwickelt. Immer neue kreative
Highlights entstehen in dieser Stadt.
Historie mit Kreativität
Und der so hoch gepriesene Tourismus in Dresden? Die Authentizität
des Wieder-Auferstandenen? Wo sind die nicht abreißen wollenden Besucherströme
in der Königstraße? Ist nicht die Königstraße als eine der schönsten
barocken Straßen Europas ein Publikumsmagnet? Leider nein, denn hier
sieht man weder viele Touristen noch Dresdner. Und ich fürchte, dass
Gegenwart und Zukunft dieser Straße der Vergangenheit zum Opfer fallen.
Für verwaiste Straßen gibt es keine Steuereinnahmen, nein, man investiert
Steuergeld zur Erhaltung des Zustands der Verwaisung. Ich bin davon
überzeugt, dass feine Geschäfte mit repräsentativen Auslagen, kleine
Bars und Cafés, integriert ins Straßenbild, jedoch ebenso ausgestattet
mit der Kreativität des Individuellen die Königstraße wieder belebten.
Für mich relevant beim „Hotel Stadt Rom“ welcher Art beziehungsweise
Qualität die Nutzung ist. Wichtig ist, welches Niveau von Läden Einzug
hält. Das Quartier 6 ist wichtig für den ganzen Neumarkt, und ich
werde auch hier darum kämpfen, dass es sich mit entsprechenden Produktwerten,
mit Service und Freundlichkeit, mit Qualität und Niveau von wohlbekannten
Einkaufszentren differenziert. Die Stadt Dresden ist reich an Historikern,
Gönnern und Kunstmäzenen, die alles daran setzen, Dresden als überdimensioniertes
Museum zu konservieren. Dies sollte aber nicht allein das Bild dieser
Stadt bestimmen. Mit Ideenreichtum und innovativen Gedanken muss auch
für die Zukunft der Stadt gearbeitet werden.
zurück
zu News
|