Samstag, 22. Oktober 2011
(Sächsische Zeitung)


Stadt brüskiert Investoren am Neumarkt

Von Bettina Klemm

Bei einer Ausschreibung werden Stadtratsbeschlüsse ignoriert. Die Neumarkt- Gesellschaft warnt vor weiterem Streit. Die Stadt weist die Vorwürfe zurück.


Kein Ende des Streits am Neumarkt. Am kommenden Freitag geht es in einer Einwohnerversammlung um die umstrittenen Pläne der Firma KIB für die Fläche neben der Heinrich-Schütz-Residenz. "Doch trotz des aktuellen Ärgers um das KIB-Projekt denkt das Stadtplanungsamt nicht daran, Stadtratsbeschlüsse umzusetzen", sagt Torsten Kulke von der Gesellschaft historischer Neumarkt Dresden. So habe der Bauausschuss in mehreren Sitzungen die Planung für das Gewandhaus-Quartier beraten. Der Stadtrat hatte zudem beschlossen, dass die Häuserfront zum Neumarkt so gebaut werden sollte, wie sie vor der Zerstörung 1945 aussah. Dennoch habe die Stadtplanung, so Torsten Kulke, die Fläche zur Messe Expo Real in München ausgeschrieben und wieder Wettbewerbe für "innovative Gegenwartsarchitektur" gefordert. Ähnliches gelte für die Bauflächen hinter dem Kulturpalast.

Bei derartigen Formulierungen dürfe man sich nicht wundern, wenn dann von den Dresdnern so stark kritisierte Projekte wie das der KIB herauskommen. "Auch die vom Bauausschuss bereits abgelehnten kleinen Hinterhöfe werden von der Stadt erneut gefordert", sagt Kulke. Selbst das von Nobelpreisträger Günter Blobel gekaufte Neumarkt-Grundstück sei mit ausgeschrieben worden. Es gebe auch keinen Hinweis, dass die Investorengruppe Kondor Wessels schon seit Jahren für das Gewandhaus-Quartier plane, kritisiert er. Kondor Wessels habe die Kosten für die archäologischen Grabungen und für den Wettbewerb für ein modernes Gewandhaus bezahlt.

Die Neumarkt-Gesellschaft befragt noch bis Mittwoch an drei Standorten Passanten nach ihrer Meinung zum umstrittenen KIB-Projekt, zur Arbeit der Stadtplaner und Gestaltungskommission.

Die Stadtplanung wiederum verweist darauf, dass Wettbewerbe dazu dienten, den bestmöglichen Entwurf für alle Gebäude zu finden, die nicht nach historischem Vorbild errichtet werden. Die Gesellschaft historischer Neumarkt interpretiere zudem das städtebaulich-gestalterische Konzept für den Neumarkt falsch. Darin stehe, dass sich zeitgenössische Bauten "in ihrer Maßstäblichkeit, ihrer Gliederung, ihrer Materialität auf die Leitbauten beziehen. Sie sollen jedoch keinesfalls historisch anmutende Gebäude sein." Alle Neubauten sollen sich der Frauenkirche unterordnen. "Der gestalterische Grundsatz der Neubauten sollte behutsames, selbstbewusstes Einfügen sein", sagt Rathaus-Sprecherin Nora Jantzen. Bei den Neubauten sei es möglich, bis zu drei Parzellen zusammenzulegen.


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