Sächsische Zeitung, 15. März 2014


Neumarkt-Keller soll zur jüdischen Gedenkstätte werden

Die Gesellschaft für den historischen Wiederaufbau feiert ihr 15-jähriges Bestehen.

Von Bettina Klemm

Es gab Zeiten, da flogen am Neumarkt die Fetzen. Beim Wiederaufbau des Platzes an der Frauenkirche sahen sich die Verfechter zeitgemäßer Architektur konfrontiert mit jenen, die für eine weitgehende Rekonstruktion eintraten. Sehr bitter bekamen das die Stuttgarter Architekten Peter Cheret und Jelena Bozin zu spüren. Sie hatten den Wettbewerb für ein modernes Gewandhaus gewonnen.

Doch genau jenen Bau wollte die Gesellschaft historischer Neumarkt Dresden immer verhindern. Sie wurde vor 15 Jahren gegründet. An der Spitze stand damals der Geschäftsmann Fritz Reimann aus Baden-Württemberg, der eigentlich das Kurländer Palais wiederaufbauen wollte. Der Neumarkt-Verein organisierte fortan den kollektiven Widerstand und mobilisierte die Dresdner, die sich nach einem Stück einer heilen Vorkriegswelt im Herzen der Stadt sehnten. Zu den größten Aktionen zählte das Bürgerbegehren "Ja! Zum historischen Neumarkt". Die Organisatoren legten nach eigenen Angaben mehr als 63000 Unterschriften vor.

In den Augen vieler Investoren, aber auch Stadtplaner und Mitglieder der Gestaltungskommission, waren die Vereinsmitglieder aufmüpfige Querulanten. Es gab kaum ein Bauvorhaben, bei dem sie nicht protestierten. Doch die Zeiten von Fritz Reimann sind längst vorbei. So zeichnet Vereinsvorstand Torsten Kulke auch ein völlig anderes Bild. Er beschreibt das Engagement der fast 700 Mitglieder zählenden Gesellschaft historischer Neumarkt Dresden (GHND) mit den Worten "kämpferisch, erfolgreich, einzigartig". Kulke sagt: "Trotz eines großen, bis heute nicht abreißenden Widerstands aus den Reihen der Stadtplaner, Architekten und Denkmalpfleger gelang es der GHND, das Erscheinungsbild des Dresdner Neumarkts ganz wesentlich zu beeinflussen." So wurde die Zahl der nach historischem Vorbild errichteten Leitfassaden und Leitbauten auf etwa 60 verdreifacht. Wichtige Teile, wie etwa die Nordseite des Platzes mit dem "Hotel Stadt Berlin", die Südseite mit dem "Hotel de Saxe" sowie die Nordseite der berühmten Rampischen Straße seien wiedergewonnen worden.

Auch die Qualität vieler Neubauten, so Kulke, wurde maßgeblich durch das Engagement des Vereins ermöglicht. Er habe sich immer zu einem moderaten modernen Bauen bekannt, allerdings kompromisslos auf der Grundlage des von der Stadt erarbeiteten und vom Stadtrat akzeptierten städtebaulich-gestalterischen Konzeptes. Insbesondere die Vorstände Torsten Kulke und Stefan Hertzig erweisen sich als Fachleute. "Statt überschäumender Vorstellungen bemerke ich inzwischen ein großes Maß an Sachlichkeit", schätzte Berndt Dietze ein. Der Chef der Baywobau Dresden spricht gar von einer beginnenden "sich befruchtenden Zusammenarbeit".

Die Baywobau hatte mit dem Bau der Tiefgarage erst den Grundstock für den Wiederaufbau des Neumarkts gelegt. Dann folgten das "Hotel de Saxe" und das als "Juwel an der Frauenkirche" bezeichnete Gebiet. Auch der Wiederaufbau der Schloßstraße erfolgte in der Regie der Baywobau. Gern möchte sie nun auch noch das Nachbargrundstück vollenden.

Zwischen Schloßstraße und Neumarkt sind noch drei Gebiete zu bebauen. Eine besonders große Freifläche gibt es zwischen dem sogenannten Juwel und dem Polizeipräsidium. Die Neumarkt-Gesellschaft spricht deshalb in ihrem Bausymposium am 15. und 16. Mai von der "Halbzeit – Wie weiter am Dresdner Neumarkt?"

www.stadtbausymposium-dresden.de


Foto 1 (Neumarkt 2014)

Foto 2 (Neumarkt 1989)


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