Sächsische Zeitung, 21.01.2016


Narrenhäuselbau erhitzt die Gemüter

Ein Investor steht für den Wiederaufbau bereit. Doch Kritiker fordern zunächst einen Wettbewerb.


Das einstige Wohnhaus von Hofnarr Josef Fröhlich soll am Neustädter Ufer wiedererrichtet werden. Diesen Vorschlag der Gesellschaft historischer Neumarkt Dresden haben über 9 000 Einwohner mit ihrer Unterschrift unter eine Petition bekräftigt. Mit der Max Wiessner Baugeschäft GmbH steht auch ein Investor bereit.

Vor diesem Hintergrund beantragt die SPD-Fraktion, dass das Grundstück zum Verkauf und zum Wiederaufbau des Narrenhäusels ausgeschrieben werden soll. Am 27. Januar steht der Antrag auf der Tagesordnung im Bauausschuss.

Doch es gibt offensichtlich größere Bedenken. So haben sich Vertreter des Bundes Deutscher Architekten, der Sächsischen Akademie der Künste und des Vereins Zeitgenossen gegen einen schnellen Aufbau gewandt. Grünen-Stadtrat Thomas Löser stellt nun den Antrag, zunächst einen städtebaulichen Wettbewerb zur Gestaltung des gesamten Uferbereichs zwischen Blockhaus und Finanzministerium durchzuführen. Bauunternehmer Frank Wießner und Architektensprecher Werner Bauer erläutern ihre Position. (SZ/kle)

 

Pro & kontra Narrenhäusel

Pro: Frank Wießner, Investor:

"Ich bin der Meinung, Dresden braucht das Narrenhäusel. Die meisten Touristen kommen von der Altstadt. Wenn die Gäste zur Neustädter Seite gebracht werden sollen, braucht das Auge Anziehungspunkte. Für mich ist Prag ein gutes Beispiel. Dort sieht man vom einen Ufer die kleinen alten Häuser am anderen, die einen gewissermaßen "über die Brücke ziehen." Ich bin davon überzeugt, dass das Narrenhäusel dieser Aufgabe gerecht werden kann. Das verhältnismäßig kleine Gebäude würde, da vorgelagert, einer späteren Bebauung des Neustädter Ufers nicht im Weg stehen, auch keiner kulturellen Nutzung wie durch ein Konzerthaus.

Als die Gesellschaft historischer Neuemarkt den Vorschlag zum Wiederaufbau unterbreitet hat, war ich schnell dafür. Ich fühle mich der Stadt eng verbunden und würde das Narrenhäusel für die Dresdner wiederaufbauen. Da es im Lapidarium originale Bauteile gibt, möchte ich diese einbeziehen. Das betrifft auch Steine, die wir im Untergrund finden, um den Bezug zur Vergangenheit wiederherzustellen. Ich werde das Haus weitgehend in traditioneller Handwerkskunst wiedererrichten lassen. So wollen wir zum Beispiel Holzkastenfenster einsetzen.

Mein Unternehmen, die Max Wiessner Baugesellschaft GmbH, hat in der Stadt unzählige Wohnungen gebaut. Da kann ich es mir einmal leisten, bei so einem Projekt nicht auf die Rendite zu schauen. Ich rechne mit Baukosten von etwa 2,5 Millionen Euro. Bei den zurzeit niedrigen Zinsen und meinem Eigenkapital könnten der Grundstückspreis und die Baukosten durch die späteren Mieteinnahmen refinanziert werden. Ich habe bereits angekündigt, das Haus spätestens nach 60 Jahren der Stat zu schenken, und möchte das vertraglich im Grundbuch festhalten.

 Ich bin froh, dass sich viele Dresdner für das Narrenhäusel ausgesprochen haben. Der Stadtrat sollte demokratisch entscheiden."


Kontra: Werner Bauer von der BDA-Regionalgruppe.

"Die Gestaltung des Neustädter Elbufers zwischen Blockhaus und Ministerien ist besonderes Anliegen der Bürgerschaft und sorgt für viele Diskussionen. Über die Bedeutung des Standortes ist alles gesagt - nur die Konzepte fehlen! Derzeit sind verschiedene "Bilder" veröffentlicht, die eher Anlass zu Kritik sind als eine befriedigende Antwort geben können. Die Ausgangslage mit Visualisierung vom wiederaufgebauten Narrenhäusel einerseits und blockhaften hochbaulichen Strukturen mit unklarer Nutzung andererseits führt zwangsläufig zur Polarisierung.

Die baugeschichtliche Enwicklung am Königsufer selbst zeigt, dass prägende Wesensmerkmale einer kompakten Bebauung entlang der flussparallelen Straßen und ihrer Differenzierung zur Elbe hin eine sensible Betrachtung für den Dialog der beiden Ufer erfordern. Die herausragende Stellung des Blockhauses als Kontrapunkt zur Hauptstraße ist Teil einer großangelegten barocken Stadtarchitektur, die trotz massiver Veränderungen in der Umgebung bis heute wirksam ist. Das 19. Jahrhundert besetzte das Elbufer mit den Ministerien als großvolumige Solitäre. In diesem Spannungsfeld muss die Stadtplanung die richtigen Antworten. "Wir fangen dann einfach mal mit dem Aufbau des Narrenhäusls an", weil sich bis heute noch keine Idee für das Königsufer findet und privates Interesse signalisiert wird, ist für den Standort zu kurz gesprungen und leichfertig. Ob es die richtige Lösung ist, ließe sich nach einer übereilten Entscheidung kaum mehr beantworten.

Für das Neustädter Elbfuer sollten in beispielhafter Weise funktional angereicherte und gestalterisch ausgereifte Konzepte entwickelt werden, die Grundlage für öffentliche Diskussionen sind. Es gehört zur politischen Planungskultur, auf eine weitsichtige sowie konsensfähige Gesamtlösung unter Einbeziehung von verantwortungsbewussten Fachleuten hinzuarbeiten."


Leser-Kommentare

Insgesamt 3 Kommentare


Bernd 20.01.2016, 21:53 Uhr

Die Argumente des Architekten sind vage und nicht stichhaltig. Es gibt in Dresden genug Plätze und Straßen, wo man sich "austoben" kann - Georgplatz, St. Petersburger Str ... Aber bitte bitte bitte nicht an der Augustusbrücke. Dort geht nichts anderes als das Narrenhäusel. Punkt.

Richard52 21.01.2016, 08:21 Uhr

Leider gibt es zu viele Narren in dieser Stadt. Wer diesen Bau verhindert – ein Bilderstürmer, wie er im Buche steht! Es erfreut mich vom Sprecher der Stadtentwicklung Thomas Löser das Ziel zur Realisierung lesen zu können. Wer entscheidet das Rennen ums Narrenhäusel? Hoffentlich nicht die Architekten der SAdK.! Denken wir nur einmal zurück an die Weltausstellung in Hannover, dort vergammeln zZ. die Gebäude mit der höchsten Qualität der zeitgenössischen Architektur, die diese Stadt damals präsentierte. Interessiert das die heutige Generation nach 15 Jahren noch? NEIN. Für die Entwicklung des Neustädter Elbufers sollte ein historischer Wiederaufbau gegenüber dem Blockhaus möglich sein, denn der Blick in die Zukunft, mit den Bauplänen für ein neues Konzerthaus / Philharmonie wurde ja nicht realisiert.

tfj 21.01.2016, 08:26 Uhr

... und das nächste Puzzle im Dresdner Disneyworld. Hauptsache alles ist von gestern.
zurück zu Aktuelles