Sächsische Zeitung 21. September 2007

Stadtrat lehnt Bürgerentscheid zum Neumarkt ab
Von Thilo Alexe

Ein Antrag der Fraktion der Linken verursacht heftigen Wirbel: Wie vertraut man einem Rathauschef?

Der Neumarkt bleibt Stadtratssache: Das Gremium lehnte am späten Donnerstagabend einen Vorstoß der SPD für einen Bürgerentscheid zur Bebauung des Gewandhaus-Grundstücks ab. Zugleich erhielt der Vorschlag der Stadtverwaltung eine breite Mehrheit, wonach die bislang geplante zeitgenössische Kunsthalle als Attrappe auf dem Areal aufgebaut werden soll.

Für 165000 Euro wird voraussichtlich ab November ein sogenanntes temporäres Raumgerüst den Siegerentwurf eines Wettbewerbs von Stuttgarter Architekten nahe der Frauenkirche zeigen. Danach will der Stadtrat endgültig über das Projekt im Volumen von 65 Millionen Euro entscheiden.

„Das ist heute nicht der richtige Zeitpunkt, um über einen Bürgerentscheid abzustimmen“, sagte Grünen-Stadtrat Karl-Heinz Gerstenberg. Zunächst müsse sich der Rat eine Meinung bilden und auch die Nutzung des Gebäudes klären. Bürgerfraktionschef Christoph Hille wies darauf hin, dass die Finanzierung des Projekts ungeklärt sei. Linksfraktionschef Ralf Lunau warf der SPD vor, sie wolle sich um eine Meinungsbildung drücken. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Lames betonte dagegen, dass die Bürger in dieser für die Innenstadtentwicklung wichtigen Frage selbst entscheiden sollten.

Die langwierige Sitzung hatte mit einer handfesten Überraschung begonnen: Die Linksfraktion zog ihren Antrag zurück, mit dem dem amtierenden Rathauschef Lutz Vogel (parteilos) das Vertrauen ausgesprochen werden sollte. Die Bürgerfraktion hatte das mit dem Verweis auf etliche formlose Vertrauensbekundungen für Vogel gefordert. CDU-Fraktionschefin Christa Müller machte rechtliche Bedenken geltend. „Die Vertrauensfrage gibt es im Stadtrat nicht“, sagte sie. Vogel, der den nach Untreuevorwürfen suspendierten OB Ingolf Roßberg (FDP) seit Mai 2006 vertritt, hatte auf dem Höhepunkt des Brückenstreites im Juni um Vertrauensbekundungen geworben. Die habe er mittlerweile erhalten: „Für mich ist die Frage geklärt.“

Der Rat beschloss ferner ein Konzept zur Verkehrsberuhigung in der Innenstadt. Es sieht 30er-Zonen sowie die Sperrung der Augustusbrücke für Autos vor. Die CDU setzte aber durch, dass jede Einzelmaßnahme durch den Bauausschuss gebilligt werden muss. Die Grünen warnten mit Blick auf die Krise der Sachsen LB vor Finanzrisiken für die Stadt im zweistelligen Millionenbereich. Kämmerer Hartmut Vorjohann (CDU) rechnet mit Einbußen bei der Ausschüttung durch die Sachsen-Finanzgruppe von rund 1,5 Millionen Euro.


 

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