Sächsische Zeitung Samstag, 22. Oktober 2005

Ein Großkunstwerk aus Stein
Von Stefan Rössel

Frauenkirche. Gerade noch rechtzeitig zur Weihe wurde das Neumarkt-Pflaster fertig.

Jetzt können Frauen auch mit Stöckelschuhen über den Platz gehen“, freut sich Baudirektor Eberhard Burger. Gestern konnte der Chef der Stiftung Frauenkirche den Neumarkt zur weiteren Nutzung für die Weihe am 30. Oktober von der Stadt übernehmen. Dazu gehört auch das Areal, in dem bis 1994 der Berg mit den Trümmern der 1945 eingestürzten Kirche gelegen hatte.

Mit knapper Not waren die Pflasterarbeiten fertig geworden. Im Frühjahr lagen die Arbeiten noch deutlich hinter dem Zeitplan zurück. Gestern wurden auf einem Großteil der 13 000 Quadratmeter weiten Fläche noch Fugen verfüllt und das Pflaster abgespritzt. „Das ist das Übliche an einer Baustelle“, sagte Baubürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU): „Am Ende geht es immer knapp zu, und das Werkzeug wird erst in letzter Minute weggeräumt.“

Ringsum bleiben allerdings noch eine Menge Baustellen bestehen. Vor dem Hotel de Saxe lagern Materialien. Am Quartier QF neben der Kirche stehen Baukräne, aber der Durchgang soll wenigstens für das Großereignis freigeräumt werden. Zum Polizeipräsidium hin gähnen große Baugruben.

225 000 Stücke einzeln gesetzt

Wie Kunsthandwerk werden die Pflasterarbeiten geschildert. Zunächst einmal das Material: Edle Arten von Diabas, heller Granit und Porphyr wurden verwendet. Alles sind gebrauchte Steine. Originale aus der Umgebung der Frauenkirche selbst wurden vor allem nördlich der Kirche im Bereich zwischen Coselpalais und Kunstakademie verlegt. Auf dem Neumarkt sind Steine von der Löbtauer und anderen Dresdner Straßen eingesetzt, aber auch zugekauftes Material aus Cottbus. Insgesamt sind es nach Auskunft der Stadt 225 000 Steine.

Dann die Bearbeitung: Einzeln wurden die Steine vorsortiert, teilweise vermessen, verladen und wieder abgeladen, gesetzt, mehrmals verfugt und gerammt. Allein dazu mussten sie mindestens dreimal in die Hand genommen werden. Zusätzlich wurden 2 000 Steine schräg angearbeitet, ebenso die alten Granitborde und Krustenplatten – 3,5 Kilometer lang.

Ein Jahr lang dauerten die Arbeiten zur Gestaltung des Neumarkts und des übrigen Kirchenumfelds. Die Platzfläche sollte ruhig und einheitlich gegliedert sein. Der Raum soll für Gastronomie und Veranstaltungen dienen: mit engen Fugen gut begehbar, geräuscharm befahrbar und in historischer Qualität.

Sieben Millionen Euro haben die Arbeiten gekostet. Bund, Land und Stadt tragen je ein Drittel davon. Eingeschlossen ist die Beleuchtung mit 22 Kandelabern und drei hohen Lampen. Sie haben gestern die Lichtprobe bestanden.


Historisch anmutendes, handverlesenes Pflaster mit schmalen Fugen auch für
Damenschuhe ziert jetzt den Neumarkt. Foto: Steffen Füssel

 


Zum Vergleich: Platzsituation am Beginn der Sicherungsarbeiten an der Ruine der
Frauenkirche, also noch vor der archäologischen Enttrümmerung. Luftbild im Mai 1992
Das Martin-Luther-Denkmal war ganz von Rasen umgeben. Die Fläche des heutigen QF
noch Parkplatz, das Coselpalais nur in den beiden Torflügelbauten vorhanden. Auf den
Flächen der Quartiere II und III gab es auch Wiese und vereinzelte Bäume.


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