Sächsische Zeitung
Dienstag, 24. Januar 2006

Das ganze Alphabet auf einer Tafel
Von Bettina Klemm

Lutherstein. Seltsame Buchstaben werden am Hotel de Saxe die Touristen anziehen.

Relativ unscheinbar wirkt eine kleine Tafel rechts neben dem Haupteingang vom Steigenberger Hotel de Saxe am Neumarkt. „Es handelt sich um einen Lutherstein“, sagt Bernt Dietze vom Bauherren Baywobau Dresden. Zum Richtfest hat er von Hofnarr Fröhlich, alias Matthias Schanzenbach, einen Buchstabenstein übergeben bekommen. „Wir haben ihn dann noch einmal in Sandstein schlagen lassen“, sagt er. Nun hofft er, dass Touristen vor der 35 mal 35 Zentimeter großen Tafel stehen bleiben.

„Wie kommt es zur Bezeichnung Lutherstein“, fragt SZ-Leser Rudolf Gerber. Der Buchstabenstein ist eine Replik vom Stein in Meißen, der unterhalb von Sankt Afra in der Mauer am Wegesrand eingelassen ist“, erläutert Claus Fiebiger, Geschäftsführer der Hotel de Saxe und der Cosmo Immobilien GmbH. Allerdings sei der Stein in Meißen etwas größer, aber total verwittert.

Nach Schanzenbachs Recherchen sind auf dem Stein die ersten fünf Großbuchstaben des „Meiss’nisch-Kanzlei-Alphabetes“ so ineinander verschlungen, dass sich alle Buchstaben des Alphabetes darauf abzeichnen. Dabei unterscheiden sich allerdings die Buchstaben I und J nur durch einen aufgesetzten Punkt.

Der Stein sei in Erinnerung an die Bibelübersetzung durch Martin Luther auf der Wartburg in das Meiss’nisch-Kanzlei-Deutsch – die damalige Hochsprache der deutschen Kleinstaaten – geschaffen worden. Durch Johann Gutenbergs Erfindung des modernen Buchdrucks sei die Lutherbibel von 1523 bis 1533 in sehr hoher Auflage in dieser Schrift gedruckt worden.

Damit sich die Besucher in dem Buchstabenwirrwarr zurechtfinden, lässt Dietze vor der Eröffnung des Hotels im April eine Messingtafel mit Erläuterungen anbringen.


Lutherstein an der Wand vom
Hotel de Saxe am Neumarkt.
Foto: St. Füssel


An dieser Tafel werden die einzelnen Buchstaben erläutert. Foto: Cosmo


SZ vom 31.01.06

Zu „Der Lutherstein Dresden“ in der SZ vom 25. Januar:

Bezug zu Luther hatte Stein nie

Im o. g. Artikel wird vermerkt, die am neuen Steigenberger Hotel de Saxe am Dresdner Neumarkt angebrachte Tafel mit Darstellung verschlungener Buchstaben sei in Erinnerung an die deutsche Bibelübersetzung Dr. Martin Luthers geschaffen worden, und das Original des Steines befinde sich in Meißen. Es befindet sich tatsächlich in Meißen, und zwar am Stufenweg, genannt der Seelensteig, in der dortigen hohen Futtermauer des Grundstückes Freiheit 10.

Die Schriftart verweist auf den Barock. Solcherart verschlungene Initialen sind in dieser Zeit durchaus nicht selten. Wahrscheinlich deutet der Buchstabenstein auf damalige Hauseigentümer hin, welche das Grundstück 1690 erwarben, nämlich auf den kurfürstlichen Kreisamtsbeamten Christoph Beyer und dessen Ehefrau Anna Elisabeth Beyer. Aus den Anfangsbuchstaben dieser Namen kann man wohl unschwer die vier Buchstaben A, B, C, E ableiten. Die Meißner haben seit Generationen herausgefunden, dass man mit einiger Fantasie sämtliche Großbuchstaben des Alphabets herausdeuten kann. unter Umständen ist der sekundär vermauerte Stein ehemals Schlussstein eines dortigen Hausportales gewesen. Einen Bezug zu Luther hatte dieser Monogrammstein also nie. (Sollen die Dresdner ihren „Lutherstein“ haben; wir Meißner wissen es besser!)

Hans-Jürgen Pohl, 01662 Meißen




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