DNN
19. Juni 2003

Kulturpalast: Investorenmodell von Um- und Neubau favorisiert
"Wir sind zu einem Beschluss gekommen: der Stadtvorstand nimmt den Variantenvergleich zur Kenntnis". So gut, so vage begann gestern die Pressekonferenz über die Zukunft des Kulturpalastes. Aber es wurde doch noch konkreter, wenn auch nicht verbindlich. Favorit Nummer 1 ist jetzt unter dreien das Projekt der Sachsenbau Chemnitz. Die will Grundstücke rund um den Kulturpalast für insgesamt 35 Millionen Euro kaufen. Dort sollen Geschäftshäuser, ein Hotel, eine Ladenpassage und zehn Neumarkt-Leitbauten entstehen. Der Kulturpalast wird nur von der Passage geschnitten, aber nicht abgerissen, sondern entkernt und drinnen mit einem Konzertsaal für die Philharmonie nach dem Entwurf von Dieter Schölzel bestückt.

Ob die Variante machbar ist, soll in der Debatte zum Haushaltsplan 2004 entschieden werden. Denn, so die Einschätzung der Stadt, die Landeshauptstadt müsste für den Umbau 15 Millionen Euro beisteuern, zu dem Erlös aus den Grundstücksverkäufen, der ebenfalls für den Umbau des Kulti verwandt wird. Auch müsste sich durch die geringere Platzkapazität im neuen Saal der Zuschuss für das Konzerthaus um jährlich etwa zwei Millionen Euro erhöhen. Wird das zusätzliche Geld nicht aufgetrieben, so der Tenor der Pressekonferenz, würde es schwierig. Eine Neuaufnahme von Krediten lehne das Regierungspräsidium ab, sagte Finanz-Bürgermeister Hartmut Vorjohann.

Dieter Füsslein, Chef der Sachsenbau, macht die Rechnung anders auf. "Uns reicht das Geld aus den Grundstücksverkäufen für den Umbau", meint er. Zunächst aber soll über den Verkauf verhandelt werden, die Planung für die Neubauten inklusive Tiefgarage könnte der Investor laut Baubürgermeister Feßenmayr schon beginnen. Wirklich klar vermitteln konnte er allerdings nicht, wie es gehen solle, mit einem Teil des Projekts anfangen zu wollen, während der andere noch nicht entschieden ist. Und die Zeit drängt. "Das Maximum des Vorhaben wollen wir 2006 fertig haben", sagt Füsslein. Er setzt auf die kommenden Gespräche mit der Stadt, eine Bank sei zur Finanzierung bereit, sagt er.

Wo findet danndie Unterhaltung statt?

Aber auch diese nun favorisierte Variante reißt wieder ein Loch auf. Denn nicht geklärt ist, wo künftig der Ausweich für die Unterhaltungsveranstaltungen sein wird, die dann im umgebauten Kulturpalast nicht mehr stattfinden können. Eine Studie der Stesad geht von insgesamt 25 Prozent aus, die dann wegfallen. Konzertveranstalter Bernd Aust hatte sogar von 40 bis 60 Prozent der Konzerte gesprochen, die in dem kleineren, anders gestalteten Saal nicht mehr möglich wären. Zudem laufen, wie die Stadt bestätigt, auch Verhandlungen mit der Staatskapelle, ob sie mit ins Konzerthaus-Boot geholt werden könnte. Käme es zu diesem Zusammenspiel, müsste wahrscheinlich das U-Angebot noch mehr reduziert werden. Feßenmayr verteidigte die Variante zu Gunsten der E-Musik mitVerweis auf den Stadtratsbeschluss von 1994, der sich für den Bau eines Konzertsaales im Kulturpalast ausspricht. Allerdings waren damals die Konditionen noch andere, als Ersatz für den Unterhaltungs-Kulti sollte es eine Stadthalle im neuen Kongresszentrum geben. Die gibt es nun nicht.

Käme die Sachsenbau-Variante nicht zum Zug - vielleicht, weil die Finanzierung nicht solide genug steht - dann folgt mit Variante 2 die (zunächst) billigste von allen. Für derzeit über mehrere Jahre verteilte 24 Millionen Euro würde der Kulturpalast bleiben, wie er ist, aber saniert werden. Dazu Brandschutz, Akustik und die Bühne verbessert. Als Option bestehen bliebe für später ein Neubau für die Philharmonie.

Eine Entscheidung wird im Herbst erwartet.

Das Problem Kulturpalast beschäftigt die Stadt seit zehn Jahren. Von 1993 bis 1996 wurden in mehreren Machbarkeitsstudien Umbaumöglichkeiten des Festsaales zu einem Konzertsaal untersucht. Die Architektengemeinschaft Kulturbauten Schölzel/Kämmler hatte schließlich im Auftrag der Stadt den Konzertsaal entworfen. Der soll nun auch in das Projekt der Sachsenbau Chemnitz eingebaut werden. Sicher die beste Konzert-Lösung, wenn man an den Kulturpalast gebunden ist. Dass aber auch das nicht die Idealvariante gegenüber einem Neubau ist, äußerte vor ein paar Jahren einer bei einem Besuch des Kulturpaalstes, der es wissen muss, weil er die Konzertsäle der Welt kennt: Kurt Masur.

Heidrun Hannusch