Die städtebauliche Gestaltung des Dresdner Neumarktes und seiner Umgebung

Von Professor Oswin Hempel

In dem aufschlußreichen Bericht des Kollegen Röthig vom Stadtplanungsamt werden die städte-
baulichen Absichten des Chefarchitekten eingehend erläutert, und zwar diesen Teil des Stadtkern in Erinnerung an den früheren, vorherrschend barocken Zustand wieder aufzubauen.

Die Tatsache, daß im gesamten Stadtkern nur die berühmten Einzelbauten im wiederaufgebauten Zustand erhalten geblieben sind, während alle Zwischenglieder, die Masse der Wohn- und Geschäftshäuser, restlos zerstört wurden, hat zu schwierigen, problematischen Erwägungen geführt.

Der frühere Charakter der Kernstadt bot im Straßen- und Platzbild mit den zahlreichen Barock- und Renaissancebauten und den vornehmen Palais sowie den hervorragenden Bürgerhäusern eine seltene harmonische Einheit, die durch die Neubauten der letzten Jahrzehnte nicht wesentlich beeinträchtigt wurde, und gab der Stadt die eigene Atmosphäre, die in der ganzen kultivierten Welt geschätzt war. Während der Zwinger, die Semper-Galerie und das Opernhaus, die Hofkirche, das Schloß und das Taschenbergpalais ein in sich geschlossenes architektonisches Ganze von höchstem Wert bilden, das am Westrand von Wohnungen und Geschäftsstraßen berührt wird, ist nur noch der östliche Teil des Stadtkerns um den Neumarkt von einzelnen wiederaufbaufähigen älteren Monumentalbauten, der Frauenkirche in der Mitte, dem Johanneum, dem Kurländer Palais und dem alten Landhaus, durchsetzt. Hier ist das Gebiet, wo die neuen Wohn- und Geschäftsbauten zu einer neuen Einheit mit den übriggebliebenen, wieder-
aufbaufähigen alten gebracht werden müssen, um eine Erinnerung an die ehemaligen Straßen- und Platzwirkungen zu schaffen.

Im neuen Stadtplan des Chefarchitekten ist die im Wiederaufbau begriffene, teils fertiggestellte Ost-West-Magistrale mit dem Altmarkt als eine Zäsur des Stadtkerns anzusehen, wodurch ein westlicher und ein östlicher Teil abgegrenzt werden. Während jener mittlere Teil den ausgesprochen repräsentativen Charakter einer modernen Großstadt tragen und verkehrsreich sein wird, der abgesonderte westliche Teil seiner früheren wirtschaftlichen Bestimmung ent-
sprechend wieder Kaufläden und Geschäftsräume enthalten wird, soll der östliche durch die anliegende Kunstakademie, das Kunst-Ausstellungsgebäude, das Albertinum und die Museen einen ausgesprochen musischen Charakter tragen und mit entsprechenden Sonderbauten durchsetzt sein.

Aus dem Bericht des Kollegen Röthig geht hervor, daß die Straßenzüge und Plätze im neuen Plan sich weitgehend dem alten Zustand anschließen, und daß ihre, dem Barock eigene, geschlossene Raumwirkung wieder aufgenommen wird. Ferner wird es notwendig sein, daß die Wohnhausfronten durch eine mäßige Geschoßhöhe für die alten und neuen Sonderbauten in ihren Reihen als ruhige Folie und Maßstab wirken. Besonders wichtig ist dies, um die Frauen-
kirche