Der Jüdenhof
 
als Teil der Dresdner und jüdischen Stadtgeschichte

von Thomas Kantschew

 


Jüdenhof im mittelalterlichen Dresden
Dresden Altstadt zu Ende des Mittelalters (undatiert)

1 = der von der mittelalterlichen Stadtmauer umgebene Jüdenhof
2 = Jüdenhaus
3 = Frauentor, welches 2003 unterm Neumarkt ausgegraben wurde
4 = gotische Frauenkirche inmitten des alten Friedhofes


Mittelalter


Der sogenannte Jüdenhof lag im Mittelalter direkt an der alten Stadtmauer ganz in der Nähe des Frauentores, welches zur dörflichen Frauenvorstadt führte. Während der Neumarkt im Mittelalter als Platz noch nicht ausgebildet war, ist der erstmals 1416 erwähnte Jüdenhof bereits als platzartiger, freier Stadtraum erkennbar. Die städtische Abtrennung und Randlage des jüdischen Hofes lässt allerdings nicht auf eine öffentliche Nutzung als Markt schließen.
Der Jüdenhof erhielt offenbar seine Bezeichnung durch das bis 1411 offiziell an diesem Ort sich befindende jüdische Gemeindehaus.

Synagoge
Dieses vermutlich längliche Gebäude an der Stadtmauer war im Jüdenhof gelegen, doch abgetrennt von der stark frequentierten Frauenstraße. Die genaue Form dieser frühen Synagoge lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Aber vage Anhaltspunkte gibt es durch Forschungen über frühe Synagogen nach dem Zerfall des römischen Reiches. So ist es wahrscheinlich, dass frühmittelalterliche jüdische Gemeinden die Form der typischen, römischen Mehrzweckhalle, die Basilika, für ihren Versammlungsort verwendeten - mit Umgang, Empore, Apsis - ohne jede schmückende Abbildung einer Gottesverehrung (Bildlosigkeit des jüdischen Glaubens).
Allerdings war und ist die jüdische Synagoge auch ein multifunktionaler Ort, der auch als Gemeindehaus, Talmudschule, Mikwe (Ritualbad), Tanzhaus oder Hospital etc. genutzt wurde. Im jüdischen Religionsgesetzbuch, der sogenannten Halacha, gibt es genaue Vorschriften, wie eine Synagoge zu errichten war (ist). So bestand eine Synagoge aus einem Zentralraum und einem Vorderhaus, von dem aus man zur Straße kam. Den Vorschriften nach durfte sie nicht an andere Häuser angrenzen. Östlich (nach Jerusalem) war der heilige Schrein mit den Thorarollen aufbewahrt.
Höchstwahrscheinlich befand sich auch in Dresden vor der Synagoge ein sogen. jüdischer "Schulhof", ein Platz, an dem Trauungen, aber auch Rechtsprechungen innerhalb der Gemeinde abgehalten wurden. Dieser Schulhof bildete den Grundstein für den Jüdenhof.

Natürlich ist es völlig unklar, ob in der mittelalterlichen Dresdner Synagoge alle Funktionen untergebracht waren. Möglich ist auch, dass sich diese auf verschiedene Gebäude verteilten. Archäologische Grabungen auf und um den Jüdenhof könnten weiteres Licht in die frühe jüdische Geschichte an dieser Stelle bringen.
Auf die jüdische Geschichte in Dresdens Altstadt verweist auch der Name Judengasse (Jodyngasse - die spätere Schössergasse).

Solche "Judenhöfe" waren im Mittelalter nichts Ungewöhnliches. Man findet sie noch immer in Eisleben, Perleberg, in Stendal oder in Berlin. In der Hauptstadt laufen derzeit (2003) ebenfalls Planungen für eine "kritische Rekonstruktion" durch kleinmaßstäbliches Bauen des "Großen Jüdenhofes" an der Jüdenstraße/ Molkenmarkt, der allerdings wie der Dresdner Jüdenhof kein Ghetto, sondern eine offene Ansiedlung war.

Nach der Vertreibung der Dresdner Juden 1430 wurde ein Gewandhaus 1453 in der vom Rat der Stadt erworbenen Judenschule bzw. Synagoge eingerichtet - mit Gewandbänken für Tuchmacher, Rüstkammer, Getreidespeicher und Brauhaus. Nach einem erneuten Umbau 1553- 58 wurden auch die Fleischbänke hier untergebracht.

Modell Dresden 1521
Holzmodell Dresden 1521 (Blau: Jüdenhaus, grün: Jüdenhof als freier, städtischer Raum - gut zu erkennen: Frauenstraße, die zum Frauentor in die Frauenvorstadt führte)

Stadtplan Dresden 1529
Stadtplan Dresden 1529 (an der Stelle des Blauen J gibt die Legende des Planes "Jüdenhof" an.) Vom länglichen Jüdenhaus ist anscheinend nur noch ein Rest des zum Gewandhaus umgebauten Gebäudes geblieben. Mehrere Gebäude gruppieren sich unregelmäßig um den Platz.



Renaissance

Mit dem Abbruch der alten Stadtmauer 1546 - 56 und dem Bau einer neuzeitlichen Stadtbefestigung durch Caspar Voigt von Wierandt, die nun auch die Frauenvorstadt mit einbezog, entstand neuer Bauplatz. Auf diesem gewonnenen Raum ließ Kurfürst August als Erweiterung des Schlosskomplexes durch Paul Buchner ab 1586 den kurfürstlichen Pferdestall als prachtvollen Renaissancebau mit Innenhof (das heutige Johanneum) errichten. Die sich anschließende Bogenhalle des Langen Ganges folgte genau der abgetragenen Stadtmauer.

Johanneum, Kurfürstlicher Stall Dresden in der Renaissance
Johanneum, ehem. Kurfürstlicher Stall Dresden, Renaissance-Säulenhalle Westseite, Aufn. 1935

Gegenüber dem opulenten, mit einem Sgraffitto verzierten "Churfürstlichen Stall" sollte nach Willen des Kurfürsten Christian I. ein repräsentatives Gewandhaus entstehen, der das alte Rathaus auf dem Altmarkt ersetzen könnte. Das alte Gewandhaus im Gebäude der ehemaligen Synagoge störte, da es zu nah am Stallhaus stand und wurde deswegen in Teilen abgerissen. In einer alten Chronik heißt es: "Von alten Zeiten hat ein großes Haus gestanden / welches man der JUDEN=HOF / oder wie etliche der JUDEN SYNAGOG geheissen / welches aber nach Abschaffung der Juden jederzeit zu einem gemeinen Brauhaus gebraucht worden und so lange gestanden biss man den Chur=Fürstlichen Stall gebauet / da dann dieses Haus / zu Erlangung eines freyen Prospects, abgebrochen werden müssen, also daß nicht mehr davon übrig blieben, als der obgedachte Brunnen und der Name des Jüden-Hofs."

Durch den plötzlichen Tod Christian I. 1591 gerieten die Planungen wesentlich schlichter. Der Rat der Stadt nutzte offenbar ebenfalls den stehengebliebenen Rest des ehemaligen Jüdenhauses (Brauhaus) und ließ diesen zu einem neuen einfachen Gewandhaus, ebenfalls von Buchner, umbauen. Zum "Neuen Markt" hin hatte das zweistöckige, schmuckarme Gebäude ein hohes Satteldach und drei Giebel zu. 1791 wurde es aus städtebaulichen Erwägungen abgebrochen.



Altes Gewandhaus
Altes Gewandhaus, Ansicht von der Moritzstraße (ganz links Runderker vom Schützhaus) - Ausschnitt aus dem Gemälde von Canaletto "Der Neumarkt zu Dresden" - 1749


Platzschöpfung der Renaissance

Wie bildete sich nun aus den beiden neuen Gebäuden (Stallhof und Gewandhaus) der neue Platz Jüdenhof? Naheliegend wurde die bereits vorhandene Windische Gasse (später Galeriestraße) als westliche Platzfront zum neuen Stadtraum verlängert. Die dritte Platzkante bildeten Renaissancebürgerhäuser, die an das neue Gewandhaus anschloßen und zwischen 1590 und 1650 errichtet wurden. Innerhalb eines halben Jahrhunderts hatte sich aus dem unklaren Ort des mittelalterlichen Jüdenhofs ein geordneter, klar umrissener, fast rechteckiger Stadtplatz herausgebildet, der im Gegensatz zum ebenfalls neu entstandenen Neumarkt einen ganz eigenen intimen Reiz ausstrahlte. Entstanden war ein gleichmäßiger und wohlproportionierter Platz ganz im Sinne der symmetrischen Idealstadt der Renaissance mit einem starken Hang zur Geometrisierung.



"Plan der Festung Dresden im Zustand 1721 auf den heutigen Zustand (1931) bezogen"
Die mittelalterliche Stadtmauer ist deutlich zu erkennen. Das Gewandhaus stand genau auf der alten Festungsanlage.



Barock


Stadtplan 1633 (grün Jüdenhof, blau: altes Gewandhaus)


Der Stadtplan von 1633 zeigt noch die typischen hohen Renaissancegiebel über das gesamte Stadtgebeit verteilt. Auch auf den Jüdenhof wurden nach und nach die hochgiebeligen Bürgerhäuser durch barocke Gebäude mit Mansarddächern ersetzt, so das berühmte Dinglingerhaus oder das Regimenthaus, beide von 1710.
Im 18. Jahrhundert gab es jede Menge Planungen für den Neubau eines Gewandhauses in barocker Formensprache - so von Pöppelmann, Fehre, Krubsacius u.a., die jedoch alle nicht verwirklicht wurden. Stattdessen wurde das alte, in den Neumarkt hineinragende Gewandhaus abgerissen, um dem Neumarkt eine klarere Ordnung zu geben, dem Jüdenhof eine gewisse Enge zu nehmen und ihn besser an den Neumarkt anzubinden. Das goldene, barocke Zeitalter konzentrierte sich in diesem Quartier mit der glanzvollen neuen Frauenkirche nach ganz anderen Gestaltungsidealen.
Einzig der Umbau des kurfürstlichen Stallgebäudes durch Fürstenhof und Knöffel mit der festlichen Freitreppe gelang, der dem Jüdenhof nun auch in der nördlichen Platzwand eine geschlossenere Wirkung verschaffte.


Krieg und Frieden - Eirene und Viktoria

Den Jüdenhof- Platz schmückte ab 1867
ein achteckiger Brunnentrog (ursprünglich mit einer Friedensgöttin), der heute noch vorhanden ist. Der Brunnen stammte bereits von 1649 (er wurde wegen des Denkmals Friedrich August II von dessen Standort zum Jüdenhof umgestellt). Die Wasserquelle mit der griechischen Friedensgöttin Eirene, aus Dankbarkeit für den mit der Beendigung des Dreißigjährigen Krieges wiedererlangten Frieden vom Dresdner Stadtrat errichtet, trug auf einem Schild den lateinischen Spruch: "Der Du den Frieden liebst, lies: Ich bin die Eirende, die Göttin des Friedens, die den Kriegsgott Mars besiegt hat. Ich eröffne den Quell, damit er fließe für den Frieden, so wie dies der Rat der Stadt und die Bürgerschaft von Dresden gelobte." Diese Inschrift der alten Eirene wurde bei der Restaurierung 1986 im Angesicht der Kriegsruinen an die Figur der seit 1683 aufgestellten Viktoria (Sieg und Befreiung Wiens von den Türken) aufgemeißelt.


Jüdenhof um 1900. Blick zum Dinglingerhaus und in die Sporergasse.



Blick auf Neumarkt und Jüdenhof vor der Zerstörung
Vergrößerung

Jüdenhof - Dresden Stadtgeschichte - Synagoge
Der Jüdenhof mit der mittelalterlichen Stadtmauer, die die Kolonialstadt von der Frauenvorstadt bis Mitte des 16. Jahrhunderts trennte. Oliv: Renaissance-Gewandhaus, teilweise auf den Fundamenten der Alten Synagoge. Das mittelalterliche Jüdenhaus lag diesseits der Stadtmauer in einem vermutlich langgestreckten Gebäude. Möglicherweise sind direkt unter dem Platz Jüdenhof letzte Fundamente der alten Synagoge zu finden.

 

19./20. Jahrhundert

Nach dem Abriss des alten Gewandhauses und der Neugestaltung der Ecke Neumarkt/Jüdenhof blieb der Platz bis zum 13. Februar 1945 im wesentlichen unverändert. Die einzige größere Umgestaltung erfolgte durch den Umbau des ehem. Galeriegebäudes zum Johanneum
(historisches Museum) in Neorenaissanceformen.


Nicht ausgeführter Entwurf des neuen Johanneum - unter Abbau der barocken Freitreppe und Hinzufügung eines kleineren Nebengebäudes zur Sporergasse + neuer repräsentativer Brunnenanlage. Die Ansicht zum Jüdenhof ist verzerrt dargestellt, um das Gebäude besser ins Blickfeld zu rücken.


Johanneum - Freitreppe. Blick zum Dinglinger Haus. Die beiden neobarocken Kinderfiguren am Eingang (ein chinesischer und europäischer Knabe mit Porzellangefäßen) sind Werke von Christian Behrens 1876.

Eine weitere, kunsthistorisch bedeutsame Umgestaltung war der Ladeneinbau für das Geschäft des königlich sächsischen Hofjuweliers Moritz Elimeyer durch Gottfried Semper.

Der Einbau der Ladenfront erfolgte um 1840, einige Zeit nach Abbruch des alten Gewandhauses. Das mächtige Gebäude mit einer achtzehnachsigen Front zum Neumarkt und fünf Achsen zum Jüdenhof, diente Semper dazu eine durch und durch architektonische Variante mit einem Pfeiler-Architravsystem für seinerzeit mehr als 10 Geschäfte zu präsentieren. Seine Lösung in den Formen der italienischen Renaissance war ein beispielhafter und in außergewöhnlich hoher Qualität ausgeführter Entwurf für eine Geschäftsausstattung, bei der Architektur, Kunst und Präsentation des Geschäfts eine Einheit bilden. - Weitere Infos siehe: Presseerklärung der GHND zum Architekturwettbewerb „Neubau Gewandhaus“, Mai 2006
Moritz Elimeyer war 1856 bis 1909 königlich- sächsischer Hofjuwelier in Dresden und Hoflieferant. 1847 bis 1886 auch Juwelier seiner Majestät des Königs von England, Herzogl. Sachsen Coburg und Gothaischer Hof Juwelier. Bevorzugt für die Anfertigung von Brillanten und Dekorationen. 1910 Übernahme durch den Goldschmied Jordan.
Moritz Elimeyer war Mitglied der Jüdischen Gemeinde von Dresden. Unter anderem unterstützte er als beratender Kommissar den Bau der neuen Semper-Synagoge. (siehe: Emil Lehmann, Ein Halbjahrhundert in der israelischen Religionsgemeinschaft zu Dresden. Dresden 1890)





Jüdenhof um 1910



In nationalsozialistischer Zeit wurde der der Platzname "Jüdenhof" aus ideologischen Gründen aufgegeben und an den Neumarkt angliedert. Erst 1991 erhielt der Platz wieder seinen angestammten Namen, nachdem er jahrzehntelang völlig unbeachtet in der Dresdner Stadtplanung ein Schattendasein fristete und überformt werden sollte.

Ab 1938 wurden auch in Dresden sogenannte "Judenhäuser" eingerichtet, um die ihres Besitzes beraubten jüdischen Bürger im Sammelquartiere zusammen zu pressen. Später wurden sie in die Vernichtungslager geschickt. Eines dieser "Judenhäuser" war das Triersche Haus an der Sporergasse. Die GHND setzte sich für die Erhaltung des Kellergewölbes als Gedenktstätte für die Juden-Deportation ein, aber der Bauherr ließ 2014 alle Keller wegbaggern. PM der GHND vom 15.01.2014


Jüdenhof Südseite, Blick vom Johanneum auf das Regimentshaus (Mitte),
links Galeriestraße, die - nach den jetzigen Plänen des Stadtplanungsamtes
auf die Wand der Kulturpalastrückseite zuführen würde.

 


Postkarte um 1900 vom Gasthaus "Burgkeller" am Jüdenhof (Vergrößerung)
Interessant ist neben dem Personal insbesonder auch das Innengewölbe.

 

 

Material:

Diamant, Adolf: Chronik der Juden in Dresden. Von den ersten Juden bis zur Blüte der Gemeinde und deren Ausrottung, Darmstadt 1973
Haslinger, Sylvia: Die Juden in der mittelalterlichen Stadt, Universität Salzburg 1999.
Herzig, Stefan: Hauptwache und Altes Gewandhaus, unveröffentlichtes Manuskript, Dresden 1999
Seiferth, Wolfgang: Synagoge und Kirche im Mittelalter, München, 1964
Geschichte der Synagoge - zur Einweihung der neuen Dresdner Synagoge - vom MDR
Jüdisches Museum in Berlin: www.jmberlin.de - Unter dem Punkt Ausstellung finden Sie eine kurze Zusammenfassung über jüdische Geschichte in Deutschland.
HATiKVA – die Bildungs- und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur Sachsen e.V. - www.hatikva.de
Synagogen in Deutschland - Eine Virtuelle Rekonstruktion (An der TU Darmstadt, Fachgebiet CAD in der Architektur, werden seit 1995 Synagogen, die 1938 von den Nazis zerstört worden sind, am Computer rekonstruiert.)


Speyer
Grabungskakampagne in der mittelalterlichen Synagoge zu Speyer im Frühling 2001
(Die Speyerer Synagoge ist der älteste aufrecht stehende jüdische Kultbau in Mitteleuropa. Jahrhundertelang wurde ihre Ruine für profane Zwecke genutzt, der Bau und seine Ausstattung wurden dabei vielfach verändert und zum Teil zerstört.
)

Wien
Auch Wien hat am Judenplatz gegraben und dort 1995 "Fundamente von Wiens ältester Synagoge aus dem Mittelalter gefunden und freigelegt. Diese Synagoge soll eine der größten in Europa gewesen sein, Mittelpunkt des jüdischen Viertels der Altstadt. 1421, in einer Periode voller Katastrophen und Epidemien, wurden die Wiener Juden vertrieben, ihr Viertel, ihre Synagoge vernichtet. Die wenigen Reste, die nun beim Bau des Museums gefunden wurden, sind ausgestellt - nichts Spektakuläres, aber berührende Zeugnisse dieser Zeit." Link zum Museum am Judenplatz

Frankfurt Main
Nach umfangreichen Grabungen an der Jüdengasse konnten freigelegte archäologische Reste des ehemaligen jüdischen Viertels 1992 in einer Dependance des Jüdischen Museums der Öffentlichkeite gezeigt werden. Dazu gehören die Grundmauern von fünf Wohnhäusern, zwei Ritualbädern, zwei Brunnen und einem Kanal. Sie stammen überwiegend aus dem 18. Jahrhundert, die ältesten Teile reichen jedoch bis in das 15. Jahrhundert zurück. Um die Ruinen herum erläutern Ausstellungen die Geschichte des Ghettos und das alltägliche Leben in den Häusern der Judengasse.
Link zum Museum Judengasse
Frankfurt

Rothenburg
Eine ausführliche Webseite zur "Zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Rothenburg o.d. Tauber" mit umfangreicher Bibliographie

Prag
In Prag befindet sich die älteste erhaltene Synagoge in Mitteleuropa (Altneusynagoge). Frühgotischer Bau vom Ende des 13. Jahrhunderts mit reicher steinmetzartiger Ausschmückung und altertümlicher Innenausstattung (Bild rechts)

Worms
Die Wormser Synagoge mit einer über 1000 jährigen Geschichte, in der Reichskristallnacht 1938 zerstört, wurde 1961 unter Verwendung von Originalteilen aus dem 12. Jahrhundert rekonstruiert. Näheres



Ghetto:

[evtl. aus dem Ital. - getto = Gießerei (wegen der Nachbarschaft des ersten in Venedig belegten Judenviertels zu einer Kanonengießerei, nach der dieser Stadtteil schon vorher geheißen haben könnte)
Im Mittelalter abgeschlossenes Stadtviertel, in dem die jüdische Bevölkerung abgetrennt von der übrigen Bevölkerung leben mußte. Den Juden angewiesenes Viertel, streng abgesonderter, verschließbarer Wohnsitz der Juden.

Judengasse
"Seit der Antike lebten die Juden auf eigene Initiative in Städten in separaten Bezirken, um ungestört ihren religiösen und kulturellen Bräuchen nachgehen zu können. Diese Bereiche waren jedoch nicht strikt abgetrennt von den übrigen Stadtvierteln. Im Mittelalter lebten Juden auch außerhalb von ihnen, wie umgekehrt Christen in jüdischen Bezirken lebten. Seit dem Hochmittelalter folgten dann auch kirchenrechtlich beeinflußte Bestrebungen, die Wohnräume von Juden und Christen zu trennen. Im Spätmittelalter wiesen die Städte den Juden häufig feste Wohnplätze zu, meist in sogenannten Judengassen, die sich manchmal in peripherer Lage zum Stadtzentrum befanden. Diese dürfen nicht mit den seit der Frühneuzeit belegten Ghettos verwechselt werden, da es keine Sperrbezirke mit gefängnisähnlichem Charakter waren." Textquelle: Rothenburg

"Schwarzer Tod"
Die in MItteleuropa zwischen 1348 und 1350 wütende Pest war ein ausschlaggebender Grund, warum Juden in ganz Europa im 14. und 15. Jahrhundert aus irrationaler Angst der Christen verfolgt und ausgegrenzt wurden. Die Juden wurden in abgesonderte Wohnviertel verwiesen. Sie mußten spezielle Kleidung tragen (z.B. den zuckerhutähnlichen, spitzen, gelben Judenhut) und waren ausgeschlossen vom Bürgerrecht und Grundbesitz.


Der ganze Hof duftete - von Ludwig Richter (1803- 1884)
"Der alte Großvater Richter wohnte in einem engen, düsteren Hofe eines Hauses hinter der Frauenkirche. Eine Treppe hoch war in diesem Hinterhause eine Judenschule, und zur Zeit der langen Nacht lauschte ich oft an der Tür und sah in dem erhellten Raume die Leute in ihren weißen Sterbekitteln sich neigen und beugen und, sonderbar klingende Laute ausstoßend, beten. Am Laubhüttenfeste war das enge Höfchen mit Tannenreisern und Laubwerk überdeckt und das Volk Israel im bunten, reichen Festgewande saß schmausend und plaudernd darunter. Der ganzen Hof duftete nach Majoran und anderen Wurzkräutern, nach Backwerk und Gebratenem."
Ludwig Richter: Lebenserinnerung eines deutschen Malers, Berlin 1886


   

 

Thomas Kantschew (2003 / 2014)
thomas-kantschew@neumarkt-dresden.de