Montag,
21. Juli 2003
 
CITY NEWS DRESDEN

Stadtmuseum: Für Top-Sanierung fehlt das Geld
Seit Jahresanfang ist das Stadtmuseum an der Wilsdruffer Straße geschlossen. In neuem Glanz soll es zur 800-Jahr-Feier Dresdens 2006 zentraler Veranstaltungsort der Dresdner Stadtgeschichte sein. Drei Millionen Euro, je zur Hälfte von der Stadt und vom Bund aus dem Programm "Kultur in den neuen Ländern" bestritten, stehen zur Verfügung. Wie sich jetzt herausstellt, reicht diese Summe zur Top-Sanierung aber nicht aus. Der Weihnachtsmann - abgestellt in einem leeren Raum mit herausgerissenem Fußboden - hat sich den Mund und ein Auge verbunden. Will er zu dem Chaos ringsum schweigen und am liebsten nichts sehen? Der Bärtige im Piratenlook ist das Überbleibsel der Weihnachtsausstellung im Landhaus. Mit ihrem Ende begann im Januar das große Ausräumen. Schauflächen und das vollgestopfte Depot sind inzwischen beräumt. Rund 50.000 Objekte wurden ausgelagert. Denn im Stadtmuseum hat die überfällige Sanierung begonnen. Bis zum Januar 2006 muss sie beendet sein, wenn Dresden ins Jubiläumsjahr startet. Spätestens dann soll das Haus die "museale Biographie der Dresdner" widerspiegeln. So poetisch umschreibt Abteilungsleiter Friedrich Reichert den Kraftakt.

Was während der Schließphase alles zu tun ist, umreißt Stadtmuseumsdirektor Werner Barlmeyer: "Wir müssen alles gleichzeitig in Angriff nehmen, den Umbau des Hauses einschließlich völlig neuer Technik, die neue Dauerausstellung, die Galerie Dresdner Kunst, die Digitalisierung der Bestände, die Sonderausstellungen." Manches Konzeptionelle ist noch im Diskussionsstadium, wie die künftige Nutzung des prachtvollen Treppenhauses oder des Festsaales. Vielleicht könnte es ja neben Tanz- und Musikdarbietungen auch "Treppenreden" im Landhaus geben, überlegt Barlmeyer. Keinesfalls werde es mit Bildern bestückt. "Dieses Treppenhaus inszeniert sich selbst." Im Festsaal, der nicht grundsaniert wird, sollen Diskussionsforen und mediale Präsentationen stattfinden.

Die zwei wichtigsten, eng miteinander verbundenen Entscheidungen stehen noch aus: Schnell geklärt werden muss der Platz für den notwendigen Fluchtweg aus dem östlichen Teil der Galerie. Einen längeren Atem braucht die geplante Wiedererrichtung des zerstörten Ostflügels. Im Bebauungsplan ist er bereits enthalten. Für die Fluchttreppe existieren eine Innen- und eine Außenvariante, erläutert Barlmeyer. Sie sollen jetzt von der Verwaltung gegeneinander abgewogen werden. Komme die Innentreppe, wie sie der Bauausschuss will, würde der Galerieraum um rund 15 Prozent verkleinert und in seiner Wirkung beschädigt. Barlmeyers Vorschlag ist der Anbau außen am Gebäude, als eine temporäre Lösung, bis der Ostflügel wieder steht. "Im anderen Fall versperrt man eine ganz wichtige Zukunftsoption."

Das neue Stadtmuseum erhält seinen Zugang entsprechend der Historie wieder von der Landhausstraße aus. Hier nimmt man die Symmetrie des Komplexes viel deutlicher wahr. Dorische Säulen und ein Dreiecksgiebel weisen auf die erste klassizistische Fassade in Dresden hin. Der Fußweg soll breiter werden, damit die Besucher an der ursprünglichen Schauseite ordentliche Empfangsbedingungen vorfinden. Für das Dresdner Architekturbüro Klinkenbusch + Kunze ist es keine leichte Planungsaufgabe, in die verschiedenen Stilelemente vom Spätbarock, über den Klassizismus bis zu den 60ern des vergangenen Jahrhunderts ein Museum mit heutigen Ansprüchen hineinzuzaubern.

Betritt man künftig das Haus, wird es im Erdgeschoss rechts den Kassenbereich, einen Museumsshop und ein Café mit 60 Innen- und 50 Außenplätzen geben, erläutert Daniel Kunze. In der ersten Etage breiten sich links und rechts je 350 Quadratmeter Fläche für die Galerie Dresdner Kunst aus. Dazu kommen noch 90 Quadratmeter einer Lounge für spezielle Veranstaltungen. Da es kaum fensterlose Wände gibt, wird für die Kunstpräsentation mit mobilen Stellwänden gearbeitet. Die Galerie soll als erster Abschnitt im Sommer 2004 eröffnet werden. Geplant war der Jahresbeginn. Die knapp halbjährige Verzögerung erklärt Barlmeyer mit der Flut (im Keller stand das Wasser 1,70 Meter hoch) und ideeller Vorarbeit. In den beiden oberen Etagen wird sich über reichlich 1000 Quadratmeter die Dauerausstellung erstrecken, während weitere 700 Quadratmeter Sonderausstellungen zur Stadtgeschichte vorbehalten sind.

Über die erste Sonderschau wird gerade verhandelt. Danach könnte die Hälfte der Fläche gleich für mehrere Jahre der Stiftung Frauenkirche vorbehalten bleiben. Wenn das Konzept aufgeht, steht damit auch der zweite Eröffnungstermin fest: Bis zur Weihe der Frauenkirche am 30. Oktober 2005 müsste die Ausstellung stehen. Zuletzt folgt die Übergabe des eigentlichen Stadtmuseums sowie der Gartenanlage im ehemaligen Ehrenhof an der Wilsdruffer Straße.

Die Mittel zu einer Top-Sanierung, wie sich herausstellte, reichen nicht aus. Drei Millionen Euro, je zur Hälfte von der Stadt und vom Bund aus dem Programm "Kultur in den neuen Ländern", sind zu wenig, um auch den Garten und die Fassade zu gestalten. Das Geld dafür soll nun aus Strukturfördermitteln im Rahmen des Sanierungsgebietes Neumarkt kommen, so Barlmeyer. Der Bescheid werde für September erwartet. Auch an Lüftungs- und Klimatisierungstechnik müssen Abstriche gemacht werden. So soll nur die Galerie komplett ausgerüstet werden. Die anderen Bereiche erhalten laut Kunze eine abgespeckte Variante. Der Westflügel, in dem sich die Verwaltung befindet, ist auf Eigenleistungen angewiesen. Gemeinsam mit den Handwerkern des Technischen Museums soll er auf Vordermann gebracht werden.

Genia Bleier

 
  © Dresdner Neueste Nachrichten erschienen am 20.07.2003