E r k l ä r u n g
zum Kolloquium "Stadt Raum Fluß"

Den Initiatoren der Sächsischen Akademie der Künste sei für dieses Kolloquium gedankt.

Die Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e.V. (GHND) begrüßt ausdrücklich die jetzt nochmals aufkommende Diskussion um das Hinterfragen der einzelnen Baumaßnahmen am Dresdner Neumarkt. Wie nicht anders zu erwarten, haben einige Architekten, welche die Moderne vertreten, mit einem Paukenschlag auf die Bebauung reagiert. Es ist gut, dass auch die historische Fassadengestaltung nochmals hinterfragt wird mit dem Ziel, eine Qualitätsverbesserung zu erreichen. Dies steht in Übereinstimmung mit den Zielen der GHND und den Forderungen der über 63.000 Dresdnerinnen und Dresdner für einen historischen Neumarkt mit höchsten Qualitätsanforderungen. Die bisher fertiggestellten Quartiere bleiben zum Teil weit hinter diesen Forderungen zurück. Dies betrifft den Erhalt der für die heutigen Ansprüche nutzbaren Keller (also nicht prinzipiell alle), wie auch die handwerklich meisterliche Umsetzung der Fassaden-, Dach- und Grundrissgestaltung - im Übrigen eine der Hauptforderungen des durch die GHND durchgeführten Bürgerbegehrens 2002. Die seitens der Stadt bestehenden Regularien haben sich als nachbesserungswürdig erwiesen.

Wesentlich zu kurz gekommen ist in der Diskussion des Kolloquiums die Einschätzung nach den Bauten, welche als Füllbauten bezeichnet werden und keine Rekonstruktion sein können. Diese Diskussion ist im Ansatz steckengeblieben. Bewusst hat man sich einer Wertung enthalten. Gerade hier wäre es jedoch notwendig gewesen, eine tiefgründige Analyse vorzunehmen. Architekturwettbewerbe, wie Bauten in den fertiggestellten Quartieren zeigen, sind nicht immer ein probates Mittel, um architektur- und städtebauliche Probleme zu lösen.

Es ist deshalb zu kurz gegriffen, wenn Architekt Peter Kulka meint, gute Architektur ist nur ohne das Mitspracherecht anderer zu machen. Auch verkennt er die Geschichte. Selbst unter August dem Starken haben die Stände in die Planung des Hofes eingegriffen. Man sollte darüber froh sein, dass die Bürgerinnen und Bürger, und da besonders auch die jüngere Generation, an diesem Prozess der Stadtwerdung Dresdens teilhaben wollen, sich engagieren und letztlich die Architektur, die Platzanlage auch annehmen. Erst dies schafft die im Stadtzentrum so notwendige Urbanität. Wie sich Desinteresse an Stadtentwicklung auswirkt, kann man vielerorts in deutschen Städten sehen.

Die Moderne hat immer noch keine Antworten auf urbane Stadtsituationen geliefert, welche auch von der Bevölkerung akzeptiert werden. Der Vorwurf, die heutige Architektursprache ist zu kalt, unnahbar, glatt und hat keine Aufenthaltsqualität, konnte bisher nicht widerlegt werden. So war es auch nicht verwunderlich, dass im Resümee der Bautätigkeit des letzten Jahrzehnts in Dresden bei diesem Kolloquium nur Solitäre wie die Synagoge, der Landtag und das Benno-Gymnasium als beste Bauten gekürt wurden.

Die Stadt ist gut beraten, den eingeschlagenen Weg, der inzwischen deutschlandweit als anerkanntes Mittel zur Stadtreparatur gilt, beizubehalten. Die Architekten der Moderne sollten dabei keine Randrolle spielen, sondern sich konstruktiv mit neuen, von den Bürgern akzeptierten Lösungen einbringen.

Torsten Kulke
2. Vorstandsvorsitzender

Dresden, 23.10.2006

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